Die zwei Gesichter einer SOA
Kategorie Promotion | 2 Kommentare »
Ich habe schon seit längerer Zeit nichts mehr über den originären Inhalt meiner Arbeit geschrieben. Es wird also mal wieder Zeit für einen Text mit vielen Abkürzungen und Buzzwords. Die ganze Sache ist umso dringender, da ich vor einigen Monaten schon mal versprochen hatte, regelmäßig über den Inhalt zu berichten.
Diejenigen, die sich selber intensiv mit der SOA Problematik beschäftigen, ist sicher bewusst, dass eine SOA zwei Gesichter hat. Für alle anderen hier eine kurze Erläuterung, was damit gemeint ist…
Service ist ein sehr allgemeiner Begriff, der je nach eigenem Hintergrund sehr unterschiedliche Sachen bedeuten kann. So sprechen wir von einem Service als Dienstleistung, vom Militärdienst, aber eben auch von Onlinediensten und einer service-orientierten Architektur. Ich denke es wird schon anhand dieser kurzen Liste klar, dass man diese ganzen Sachen nicht einfach zusammenfassen kann, will man nicht mit völlig abstrakten und aussagelosen Begriffen hantieren.
Selbst wenn man sich auf Services im Geschäftsumfeld beschränkt, wird die Sache noch nicht wesentlich einfacher. Denn es ist dann immer noch offen, ob man über Services für den Kunden, also im Sinne von verkäuflichen Produkten, oder über Services als technisches Mittel zur Bereitstellung von IT Funktionalität spricht. Damit hat die Serviceorientierung im Unternehmen also mindestens eine betriebswirtschaftliche als auch eine technische Seite. Je nachdem, mit wem man spricht, wird die eine oder andere Seite betont. Ein Informatiker meint mit Service primär eine technische Funktionalität, die über eine standardisierte Schnittstelle, häufig in Form von WSDL Web Services, im Netzwerk zur Verfügung gestellt wird. Ein Betriebswirtschafter hingegen meint bei Service entweder autonome Einheiten, die eine bestimmte Geschäftsleistung erbringen oder die von der Firma angebotenen Produkte.
Diese Vermischung von Service ist extrem verwirrend. Dies merkt man zum Beispiel an Aussagen wie „Ein Enterprise Service ist eine betriebswirtschaftliche Funktionalität, die über eine standardisierte Web Service (WSDL) Schnittstelle zur Verfügung gestellt wird“. Diese Aussage ist natürlich höchst bedenklich, denn damit wäre jede betriebswirtschaftliche Funktionalität, die nicht über einen Web Service zur Verfügung gestellt wird nach dieser Definition kein Enterprise Service.
Für diese Verwirrung sind zu einem großen Teil die Anbieter von Middleware und Enterprise Service Bus (ESB) Produkten verantwortlich. Sie haben durch kräftiges Marketing sehr stark die öffentliche Wahrnehmung geprägt, indem sie ihre Produkte als SOA angepriesen haben. Kritische Stimmen, die lediglich eine erneute Vermarktung der alten Produkte unter dem Deckmantel SOA vorwerfen, mussten nicht lange auf sich warten lassen und sind teils berechtigt. Auch wenn mit der Standardisierung von Web Services ein wichtiger Fortschritt erreicht wurde, so ist dies nichts, was nicht schon mit älteren Komponententechnologien wie Corba möglich gewesen wäre.
Wenn SOA aber nicht nur ein rein technisches Konzept bzw. ein technischer Standard ist, dann kann man es auch nicht so einfach in Produkte gießen. Ganz konkret bedeutet dies: Eine umfassende SOA, die sowohl den technischen als auch den betriebswirtschaftlichen Aspekt abdeckt, kann man nicht als fertiges Produkt kaufen. Verfügbar sind lediglich Werkzeuge, die ein Unternehmen bei der Einführung einer SOA unterstützen, aber den tatsächlichen Weg zur service-orientierten Unternehmensarchitektur müssen die Unternehmen schon selber gehen.
Moin Herr Stein!
Sehr interessant, vor allem die Verwirrungen über SOA, die da von verschiedenen Seiten erzeugt wurden – und die heute die Verbreitung von SOA nicht grade erleichtern. Ich bin seit Jahren an der BPM-Front zugange und musste erkennen, dass SOA sich anfangs kaum um Geschäftsprozesse gekümmert hat, was sich langsam ändert, und was die SOA Thematik auch für die IDS Scheer noch interessanter macht als eh schon, und na klar teile ich die Auffasung dass bei jedeweder Art von SOA Tools nur ein kleiner Bestandteil der gesamten Story sind…
Aber mehr noch als das interessiert es mich, wieviel Zeitaufwand tatsächlich spendiert werden muss, um neben der Arbeit in der Freizeit – wie Sie ja andeuten – auch noch eine Doktorarbeit zu schreiben. Hat man da überhaupt noch Freizeit?
Grüsse, R.
Man kann eine Diss nicht nebenher machen, wenn es nicht zumindest ein paar Überschneidungen mit dem Arbeitsinhalt gibt. Die Kunst besteht meiner bescheidenen Meinung also da drin, entweder den Arbeitsinhalt oder den Dissinhalt so zu formen, dass es zusammen passt. Dies hat mich auch das erste Jahr beschäftigt. Inzwischen scheint es ganz gut zu stimmen. Ich kann aber momentan noch nicht viel dazu schreiben, da noch einige Paper im Review sind und ich nicht vorher die Katze aus dem Sack lassen kann :-)
Letztendlich ist es aber schon eine ziemlich große Herausforderung und man muss bewusst auf ein bissel Freizeit verzichten. Es ist aber auch nicht so, dass man nun gar nichts anderes mehr machen kann. Gerade war ich zum Beispiel knapp 2 Wochen im Urlaub.