Sent from Hauptstadt!

ein Blog für den geneigten Leser

Die medizinische Promotion

Tags:

Kategorie Promotion | 6 Kommentare »

In diesen Tagen verteidigen zwei gute Freunde ihre Promotion in Medizin. Das ist natürlich einmal eine gute Gelegenheit zu schauen, wie denn so eine Promotion in der Medizin abläuft…

Das Medizinstudium ist wesentlich stärker standardisiert, als in anderen Fächern. Dies ist auch verständlich, denn schließlich geht es hier um Leben und Tod. Der Medizinstudent hat eine Regelzeit von 12 Semestern. In dieser findet eine allgemeine Ausbildung statt, man kann sich während dieser Zeit noch nicht auf ein Fachgebiet spezialisieren. Egal ob man Chirurg oder Hautarzt werden will, das Studium ist identisch. Lediglich für Zahnmediziner gibt es ein komplett eigenständiges Studium, was aber völlig unabhängig vom Medizinstudium ist.

Der Fortschritt im Studium wird durch das Bestehen der 3 Staatsexame dokumentiert. Hat man das 3. Staatsexam bestanden, dann ist man ein vollwärtiger Arzt. Man erhält allerdings nicht automatisch den Doktortitel (Dr. med.), denn schließlich hat man ja auch keine wissenschaftliche Arbeit verfasst. Für die tägliche Arbeit benötigt man diesen Titel auch nicht. Man kann sowohl in einem Krankenhaus als auch in einer Praxis ohne Titel arbeiten. Allerdings sehen es gerade private Krankenhäuser und Universitätskliniken lieber, wenn ihr Personal promoviert ist, da dies besser für die Außendarstellung ist und weil in einem Universitätsklinikum geforscht werden soll (natürlich in der Freizeit).

Ein frisch von der Uni entlassener Medizinstudent nimmt normalerweise eine Assistentsarztstelle an, um sich in einem bestimmten Fachgebiet zu spezialisieren. Solch eine Ausbildung zum Facharzt wie Herzchirurg oder Augenarzt dauert nochmal ca. 5 Jahre. Während dieser Zeit arbeitet der Arzt aber schon ganz normal als Assistentsarzt und verdient ein ganz normales Gehalt. Es ist also keine Ausbildung im Sinne von Schule, sondern eher eine praktische Ausbildung mit gelegentlichen Kursen oder Weiterbildungen. Um zum Beispiel Facharzt für Herzchirurgie werden zu können, muss man eine bestimmte Anzahl von Operationen gemacht haben.
Wie kommt nun aber so ein Gott in Weiß zu seinem Doktortitel? Bis vor ca. 2 Jahren war es so, dass in der Studienordnung keine explizite Zeit für die Erstellung einer Doktorarbeit vorgesehen war. Inzwischen wurde die allgemeine Studienordnung (AO) geändert und es steht jetzt 1 Semester dafür zur Verfügung. Moment! 1 Semester? Richtig gelesen, die medizinische Doktorarbeit ist von ihrem Umfang her vergleichbar mit einer umfangreichen Diplom- oder Masterarbeit. Allerdings gibt es hier auch noch verschiedene Abstufungen, was man nun genau machen kann. In meinem Bekanntenkreis haben die meisten Medizinstudenten ihre Doktorarbeit neben dem Studium erarbeitet. Ab ca. dem 8. Semester haben sie dazu sich einen Doktorvater gesucht und die vorgebene Aufgabenstellung abends und an Wochenenden bearbeitet. Man kann sich sicher leicht vorstellen, dass dies dann schon mal mehrere Jahre dauern kann. Extrem schlimm sind die dran, die ihre Doktorarbeit nicht vor Ende des Studiums noch abschließen, denn eine Fertigstellung der Doktorarbeit neben dem Beruf ist fast ein Ding der Unmöglichkeit.

Wie bereits kurz angedeutet, gibt es verschiedene Arten bzw. Typen von medizinischen Doktorarbeiten. Die prinzipiell als einfachste oder damit (leider) auch als geringwertigst angesehene Art ist die „zurückschauende“ Promotion. Hierbei geht es meist um die „Geschichte der Medizin“, also etwa wie sich bestimmte Verfahren mit der Zeit weiterentwickelt haben. Ich persönlich finde solche Arbeiten als wichtig, denn man kann schließlich aus der Vergangenheit viel lernen. Ein weiterer Typus beschäftigt sich mit der Auswertung von Patientendaten. So könnte man zum Beispiel schauen, wie sich ein bestimmtes Krankheitsbild entwickelt hat, wenn der Patient Medikament XYZ verschrieben bekommen hat. Solch eine Doktorarbeit umfasst meist eine sehr akribische Suche in Patientenakten. Der heilige Gral der medizinischen Doktorarbeit ist die experimentelle. Hier wird zum Beispiel anhand von Gewebeproben die Auswirkung von Strahlenbehandlung auf die Entstehung von roten Blutkörperchen untersucht. Solche Doktorarbeiten sind meist Teil der Grundlagenforschung.

Ob die medizinische Promotion wirklich eine Relevanz hat, ist für mich fraglich. So sind viele Mediziner in einem ganz anderem Fach promoviert, als sie später arbeiten. Auch werden viele medizinische Promotionen nicht beendet. Sind die Mediziner, die ihre Arbeit nicht beenden, deshalb aber die schlechteren Ärzte? Mein Gefühl sagt mir, dass man jedem Studenten, der das sehr anspruchsvolle Medizinstudium erfolgreich besteht, den Titel geben sollte. Eine echte Promotion sollte sich nach dem Ende des Studiums für die anschließen, die wirklich später in die Forschung gehen wollen bzw. eine Laufbahn an einem Universitätsklinikum anstreben. Aber ok, das ist meine ganz persönliche Meinung, das kann natürlich jeder gerne anders sehen!counter

6 Kommentare to “Die medizinische Promotion”

  1. Nicht nur für Mediziner sondern für alle Nicht-EU-Promovierten interessant:
    http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2008/03/13/AR2008031304353.html

    „Non-European PhDs In Germany Find Use Of ‚Doktor‘ Verboten“

  2. […] Vor einiger Zeit hatte ich schon mal darüber berichtet, wie eine Doktorarbeit in der Medizin abläuft und welche unterschiedlichen Typen es gibt. Heute stelle ich ein konkretes Beispiel einer experimentellen medizinischen Doktorarbeit vor und unternehme den gewagten Versuch den Inhalt und die Ergebnisse allgemeinverständlich zu erläutern… […]

  3. dr. schmidt sagt:

    klar, jeder, der das studium abschließt, sollte automatisch „dr.“ sein, logisch. achwas, legen wir noch einen drauf – jeder, der das studium abschließt, sollte sich gleich „professor“ nennen dürfen… – okay, ja, das war jetzt ironisch. frage mich, was du dir davon versprichst, „dr. für alle“. der medizinische dr.-titel ist vom wissenschaftlichen ansehen ohnehin schwach, eine maßnahme zur qualitätsteigerung kann dein vorschlag dann ja wohl kaum sein…

  4. Sebastian sagt:

    Moin dr. schmidt,

    der Krankenhausalltag zeigt, dass Patienten jeden Arzt sowieso mit Dr. anreden, egal ob dieser nun den Titel trägt oder nicht. Eine Doktorarbeit trägt kaum zu einer Verbesserung der praktischen Arbeit der Mediziner bei. Auch ist sie oftmals nicht mit Doktorarbeiten in anderen Wissenschaften vergleichbar. Deshalb könnte man eigentlich allen Medizinern den Titel geben und dann eine „echte“ Promotionsmöglichkeit schaffen für die, die wirklich in die Forschung gehen wollen.

  5. unknown sagt:

    So einen gequirlten Blödsinn habe ich noch nie gelesen. Warum sollte man einem Studenten, der innerhalb seines Studiums keine wissenschaftliche Abschlussarbeit erstellen musste, mit einem Titel versehen, der Medizinern durch den Volksmund aufgrund einer völlig unangebrachten Pauschalehrfurcht geschenkt wird? Natürlich bleibt ein schlechter Arzt, der gut promoviert hat ein schlechter Arzt. Aber daran ist auch nichts verwerflich! Das ist in allen Berufen so.

  6. Sebastian sagt:

    unknown, so ein aggressiver Ton ist hier nicht erwünscht!

    Wie gesagt, jeder kann das gerne anders sehen. Fakt ist, die medizinische Promotion ist vom Anspruch her sehr häufig nicht mit Promotionen in anderen Fächern vergleichbar. Damit ist es auch ungerecht, wenn jemand für ein paar Monate Laborarbeit neben dem Studium den gleichen Titel bekommt, wofür manch anderer 5 Jahre und mehr Vollzeit arbeiten muss. Die Lösung könnte meiner Meinung nach auch gerne sein, dass es den Dr. med. so erst mal gar nicht mehr gibt, sondern nur noch für echte Forschungsarbeiten im Anschluss an das Medizinstudium vergeben wird.

Schreiben sie ein Kommentar