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Der lange Weg zum Journal Paper

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Kategorie Promotion | 4 Kommentare »

Bis jetzt hat mir noch eine wichtige Veröffentlichung gefehlt, die den Kern meiner Diss darstellt. Nach 1 Jahr und 8 Monaten Arbeit an dieser Veröffentlichung ist es mir nun gelungen, eine Zusage für das Wirtschaftsinformatik Journal zu bekommen. Aus diesem Anlass gibt es heute mal eine Zusammenfassung des Leidensweg :-)

Blogs sind schön, da hier jeder sofort ohne Kontrolle veröffentlichen kann. Die Kontrolle kommt maximal hinterher, wenn kritische Kommentare eintreffen. Eine Veröffentlichung in einer Computerzeitung ist schon sehr viel schwieriger zu erreichen. Genauso verhält es sich mit wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Einen technischen Bericht zu veröffentlichen geht schnell, da hier meist nur eine sehr oberflächliche Begutachtung durch andere Wissenschaftler stattfindet. Danach kommen Workshops, bei denen es zwar eine Begutachtung gibt, die aber noch immer nicht sehr streng ist. Schwieriger ist die Veröffentlichung bei Konferenzen und als heiliger Gral gilt die Veröffentlichung in einem Journal. Ein Journal, also eine wissenschaftliche Zeitschrift, hat nur eine begrenzte Anzahl von Ausgaben pro Jahr und auch jede Ausgabe enthält meist nur wenige Artikel.  Hinzu kommt, dass es in jeder Disziplin lediglich eine handvoll Journals gibt, die international relevant sind. Deshalb versuchen natürlich sehr viele Wissenschaftler in diesen Journals zu veröffentlichen. Ich auch.

Eine Doktorandin aus Polen hat mir einmal das Punktesystem an ihrer polnischen Universität erläutert. Um dort promovieren zu können, braucht man 10 Publikationspunkte. Für technische Berichte gibt es 0 Punkte. Für jeden Beitrag bei einem Workshop gibt es 1 Punkt. Für jedes Paper bei einer internationalen oder sehr wichtigen nationalen Konferenz gibt es 2 Punkte. Für ein Journal Paper, z.B. in der Wirtschaftsinformatik, gibt es hingegen 12 Punkte. Damit wird ein Paper in einem anerkannten Journal reichen, um die notwendigen Punkte zu sammeln. Nach dieser Bewertung bin ich jetzt mit meinen Publikationen bei 24-26 Punkten und habe damit recht klar die 10 Publikationspunkte erreicht, auch wenn es sowas an meiner Universität nicht gibt.

Bereits im April 2007 schrieb ich die erste Version des Papers „ARIS Method Extension for Business-Driven SOA„. Diese Version reichte ich dann Ende April bei dem Journal Wirtschaftinformatik im Rahmen eines Themenschwerpunktes (Call for Papers) zu SOA ein. Zu meiner Überraschung wurde das Paper nicht gleich in der ersten Runde abgelehnt, sondern ich durfte Mitte August noch eine stark überarbeitete Version einreichen. Das half leider aber nichts, irgendwann im Herbst 2007 wurde das Paper dann abgelehnt.

Den nächsten Versuch unternahm ich dann Ende Oktober und reichte das bereits überarbeitete Paper bei einem anderen Journal ein. Dort wurde es aber ebenfalls abgelehnt. Diesmal waren die Hinweise der Gutachter aber zumindest so hilfreich, dass ich endlich wusste, warum niemand das Paper versteht :-)

Nach einer weiteren Überarbeitung reichte ich das Paper im April 2008 erneut bei der Wirtschaftsinformatik ein. Nach zwei Monaten erhielt ich die Gutachten der ersten Runde. Drei von vier Gutachtern empfahlen die Annahme, allerdings mit der Bedingung, das Paper massiv zu überarbeiten. Gutachter vier lehnte das Paper rigoros ab. Grund für die Ablehnung war allerdings ein Missverständnis, was leicht zu entkräften war.

Mitte Juni folgte dann die Einreichung der ersten Überarbeitung. In dieser versuchten meine Mitstreiter und ich die Punkte der Gutachter zu adressieren und das Missverständnis von Gutachter vier auszuräumen. Bereits wenige Wochen später lagen die Gutachten der zweiten Runde vor und nun empfahlen drei von vier Gutachtern die Annahme. Gutachter vier empfahl die Annahme nach Änderungen. Generell muss man sagen, dass die Gutachter extrem schnell gearbeitet haben. Ein Gutachten nicht mal innerhalb von einem Monat zu erstellen, ist extrem kurz! Auch waren die Gutachten bei der Wirtschaftsinformatik meist hilfreich. Anstatt z.B. zu schreiben, die Autoren hätten wichtige Quellen nicht betrachtet, listeten die Gutachter auch die Quellen, die sie vermissten. Das ist leider nicht Standard.

Die erneute Überarbeitung reichte ich Anfang Juli ein. Auch diesemal gab es noch Änderungswünsche von den Gutachtern, auch wenn jetzt alle Gutachter die Annahme empfahlen. Die finale Version habe ich Mitte August eingereicht und vor wenigen Tagen die offizielle Bestätigung erhalten, dass der Artikel nun ohne weitere Änderungswünsche zur Veröffentlichung angenommen ist. Wer nun aber denkt, dass der Artikel gleich in der nächsten Ausgabe erscheint, der muss sich noch etwas gedulden. Die gedruckte Version wird es in der Ausgabe 6 des Wirtschaftsinformatik Journals im Dezember geben. Damit hat der ganze Veröffentlichungsprozess von der ersten Version bis zur veröffentlichten gedruckten Version immerhin 1 Jahr und 8 Monate gedauert. Das ist mehr als die halbe Promotionszeit, die mir insgesamt zur Verfügung steht :-)

Interessant ist natürlich, wie sich der Artikel mit seinen knapp 6.000 Worten über diese Zeit verändert hat. Faktisch ist der Artikel heute nicht mehr wieder zu erkennen, wenn man ihn mit der ursprünglichen Version vergleicht. Ich bin auch der Meinung, dass die Qualität wesentlich besser geworden ist. Zudem haben mir die vielen neuen Quellen, die ich nutzen musste, sicher auch für das Schreiben meiner Diss geholfen. Von daher hat sich die ganze Arbeit gelohnt, auch wenn es eine gewisse Sturrheit erfordert hat ;-)

4 Kommentare to “Der lange Weg zum Journal Paper”

  1. Wie wird eine regelmäßige Veröffentlichung eigentlich zu einem Journal?

  2. […] meinem letzten Post über den langen Weg zum Journal Paper kam die Frage auf, wie eine regelmäßig erscheinende Zeitschrift eigentlich zum Journal wird. […]

  3. […] eigentlich schreiben, dass nun endlich mein Journal Artikel als offizielles PDF verfügbar ist. Die erste Seite beschreibt den Leidensweg auch nochmal schön mit dem Hinweis: “Submitted 2007-04-30, after four revisions accepted […]

  4. […] Die Wirtschaftsinformatik ist bekanntermaßen  ein deutsches Ding. Es gibt zwar auch in anderen Ländern Forschung und Lehre in diesem Bereich, aber die meisten Lehrstühle findet man im deutschsprachigen Raum. Deshalb war es auch nicht weiter verwunderlich, dass das führende Journal in diesem Bereich, die “Wirtschaftsinformatik“, seit 50 Jahren in Deutsch erschien. So ganz stimmt dies natürlich nicht, denn auch bisher gab es immer wieder englische Artikel, etwa wie den meinigen. […]

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