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Wir sind Hasenfüße!

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Kategorie Rest | 21 Kommentare »

Ich habe gerade einen sehr ehrlichen Artikel von Thomas Friedman in der New York Times gelesen. Er sagt, Amerika muss nicht seine Wirtschaft erneuern, sondern sein ganzes Land. Eine interessante Einschätzung, aber viel interessanter ist, was wir Deutschen tun müssen. Zunächst eine Bestandsaufnahme…

Thomas Friedman ist ein anerkannter Journalist, der regelmäßig Kolumnen für die New York Times schreibt. In einem Artikel kurz vor Weihnachten schreibt er über eine Reise von Hongkong nach New York. In Hongkong fährt er in einem modernen Hochgeschwindigkeitszug zum Flughafen und kann während der Fahrt problemlos im Internet surfen. Angekommen in New York auf dem Kennedy Flughafen bietet sich ihm ein völlig anderes Bild. Der Flughafen ist altmodisch und unfreundlich, der öffentliche Nahverkehr stammt aus Kriegszeiten und seine Mobilfunkverbindung bricht während seiner Zugfahrt nach Washington ständig ab. Da ich selbst vor einiger Zeit in New York war, kann ich bestätigen, dass die Infrastruktur extrem marode ist. Die U-Bahn schleicht nur so vor sich hin, der öffentliche Nahverkehr gerade in den Vororten ist ein Witz und der Kennedy Flughafen ist definitiv nicht mehr auf der Höhe der Zeit.

Friedman fragt sich, warum diese großartige Nation einen schlechteren Lebensstandard hat, als an anderen Orten der Welt. Seiner Meinung nach haben die USA momentan kein Finanzsystemproblem, sondern ein gesellschaftliches:

For all these reasons, our present crisis is not just a financial meltdown crying out for a cash injection. We are in much deeper trouble. In fact, we as a country have become General Motors — as a result of our national drift. Look in the mirror: G.M. is us.

Das ist zu tiefst ehrlich. Nun könnten wir uns natürlich an den Problemen der USA ergötzen, aber sinnvoller ist es, ehrlich zu uns selbst zu sein. Und dabei sollten wir beachten, dass unsere Probleme nicht die der USA sind. Natürlich ist der öffentliche Nahverkehr in Saarbrücken schlecht und teuer, aber gerade unsere öffentliche Infrastruktur ist im Vergleich zu den USA (oder zumindest zu New York City) ein Traum. Was sind also unsere Probleme?

  1. Wir sind Hasenfüße. Wir wägen immer ab. Beispiel: Statt klar zu sagen wir wollen ein einfaches Steuersystem, führen wir bei jeder Vereinfachung immer wieder Ausnahmen ein. Analog gilt das für unser Schulsystem, Krankenkassensystem, öffentlichen Rundfunk, etc. Wir verhalten uns wie IT Berater. Statt eine klare (vielleicht unangenehme) Antwort auf die Frage des Kunden zu geben, sagen wir lieber „it depends“.
  2. Wir sind Hasenfüße. Wir stehen nicht für unsere Interessen ein. Beispiel: Statt beim Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland ordentlich auf den Tisch zu hauen, versuchen wir lieber klein und fein zu vermitteln.
  3. Wir sind Hasenfüße. Uns fehlt jeglicher Mut. Beispiel: Obwohl die Wirtschaftskrise noch gar nicht wirklich angekommen ist in Deutschland, verbreiten wir schon Panik. Wir gründen viel zu selten Firmen oder wagen zu selten neue Ideen. Wir halten z.B. an unserem Parteiensystem fest, obwohl sich nur noch wenige restlos mit einer Partei identifizieren können. Auch die Skepsis neuen Technologien gegenüber ist eine deutsche Tugend.

All diese Punkte gelten auch für mich und ich will mich nicht ausschließen. Mit dem Artikel will ich aber einen Schritt dagegen unternommen haben. Mir ist bewusst, dass nicht jeder diese Feststellungen mögen oder teilen wird. Deshalb hoffe ich, dass sich der geneigte Leser hier aktiv zu Wort meldet und z.B. ganz offen gegen meine 3 Thesen kommentiert! Die Diskussion ist auf jeden Fall eröffnet!

21 Kommentare to “Wir sind Hasenfüße!”

  1. Warum glaubst du ist das so wie du es beschreibst?

  2. Sebastian sagt:

    Für die Gründe dahinter habe ich keine handfesten Erklärungen. Natürlich hat es sicher etwas mit unserer Mentalität und Geschichte zu tun, aber mehr will ich dazu nichts sagen. Wäre absolutes Glatteis für mich ;-)

  3. Es gibt einige interessante, sich widersprechende oder ergänzende, Ideen dazu.

    Aber noch eine andere Anmerkung:

    GEGEN deine Thesen werde ich nicht kommentieren, sondern im Gegenteil dich dazu ermutigen noch weiter zu gehen:

    Statt zu sagen „Wir sind Hasenfüße“ wäre vielleicht „Wir sind verlogen“ besser?

    Dazu vielleicht jenes Buch: „Die Sehnsucht nach einer verlogenen Welt: Unsere Angst vor Freiheit, Markt und Eigenverantwortung. Über Gutmenschen und andere Scheinheilige“ von Günter Ederer

    Heute nicht mehr ganz meins (nicht radikal genug ;-)), aber vielleicht für den Einstieg in das Thema geeignet :-)

  4. Tobias sagt:

    Ich gebe dir in einigen Punkten recht, aber ich hab noch folgende anmerkungen zu den Argument:

    1 – Klar gibt es in Deutschland viele Ausnahmen, aber das ist in manchen Bereichen auch der Beweis für eine funktionierende Demokratie. Es gibt nicht einen der von oben sagt wir machen es so, sondern es wird auf alle Rücksicht genommen. Deutschland ist ja auch ein sozial Staat und es wird Wert darauf gelegt, dass jeder seine Rechte bekommt.

    2 – Wir stehen schon für unsere Interessen ein, aber halt nicht mit der Hauruck Methode, welche andere Länder gerne bevorzugen. Ich finde es gut, dass man den Ländern die Chance gibt das selbst zu regeln. Wir haben doch schon eine Weltpolizei die auf den Tisch gehauen hat – und wie sieht es jetzt aus im Irak??!!

    3 – Da muß ich dir Recht geben :) Auch hier würde ich die Porbleme teilen.
    a) Firmen gründen – Hier bin ich mir nicht sicher was der Grund ist, wahrscheinlich schreckt die meisten schon der bürokratische Aufwand ab. Und da der Mensch ein Rudeltier ist, schreckt er halt viele ab.
    b) Parteien müdigkeit – Liegt meines achtens daran, dass es vielen von uns einfach zu gut geht und man zwar nicht mit allem einverstanden ist, aber auch der Grund fehlt etwas zu ändern.

  5. Sebastian sagt:

    Hallo Tobias,

    ich bin froh, dass nun doch jemand gegen meine Thesen Einspruch erhebt. Das war ja schließlich Sinn der Sache. Einige Anmerkungen hab ich dennoch.

    zu 1) Ich bin mir nicht sicher, ob Ausnahmen bei Gesetzen wirklich zu mehr Gerechtigkeit führen. Leider sind unsere Gesetze so komplex, dass sie kaum ein Mensch durchschaut. Ich würde es bevorzugen, wenn es gar keine Freibeträge oder sonstwas gäbe, sondern eine Flatrate Steuer auf jegliche Einkommen. Ich habe nämlich einfach keine Lust mich mit allen möglichen Steuerspartricks auseinander zu setzen, nur um meine „Rechte“ in Anspruch zu nehmen. Tatsächlich gibt es aber eine enorme Menge an Tricks, die man nutzen kann. Dies tun dann aber meist die, für die die Ausnahmen gar nicht gedacht waren.

    zu 2) Ich will auch nicht draufhauen, denn Gewalt bringt nichts. Aber man kann natürlich diplomatisch auch Druck ausüben. Was interessiert uns der Gasstreit zwischen 2 Ländern? Wir zahlen für das Gas und wenn sie nicht liefern, dann müssen Vertragsstrafen greifen. Von solchen Mitteln muss man aber Gebrauch machen, damit sie nicht ihre Abschreckung verlieren.

    Ich will keine unmoralische Hauruckpolitik, aber etwas mehr Durchsetzungsvermögen und Mut zur Tat täte uns gut.

  6. […] wieder so viele Ausnahmen, dass der eigentliche Sinn der Gesetze pervertiert wurde. Im Sinne meiner Forderung nach mutigeren und klaren Entscheidungen ist es deshalb nur konsequent, die Abschaffung dieser Gesetze zu forden! Ähnliche BeiträgeWir […]

  7. Also mal was konstruktives von mir:
    Wie stellst du dir diese Flat tax vor?

  8. Sebastian sagt:

    Also Flattax ist vielleicht das falsche Wort, eher eine einheitliche Steuerquote. Eigentlich erscheint es mir ganz einfach. Jedes Einkommen wird mit einem einheitlichen Satz von vielleicht 20% versteuert. Dabei ist es unerheblich, ob es Einkommen aus angestellter Arbeit, als Künstler, als Freiberufler, etc. ist. Auch die Höhe des Einkommens spielt keine Rolle. Ich will auch keine Freibeträge und keine Kappungsgrenze. Ein Jahreseinkommen von 2.000 Euro wird genauso mit 20% besteuert wie ein Jahreseinkommen von 150.000 Euro.

    Nun könnte man einwenden, dass das unsozial ist. Den sozialen Ausgleich würde ich aber nicht durch Freibeträge und vielfältige Ausnahmen schaffen, sondern durch staatliche Stützen bei zu geringem Einkommen. Wer also ein Einkommen unter dem Existenzminimum hat, hat Anspruch auf eine staatliche Stütze. Die monatliche Stütze wäre übrigens wieder ein Einkommen, das ebenfalls besteuert wird.

  9. Muss ein Alleinverdiener einer mehrköpfigen Familie genausoviel versteuern wie ein Single mit gleichem Einkommen?

  10. Sebastian sagt:

    Ja! Der soziale Ausgleich wird nicht über die Steuern hergestellt, sondern z.B. über die Zahlung von Kindergeld.

  11. Ich habe mich erst einmal dazu entschieden, bei den Details nicht weiter nachzuhaken, weil ich denke, dass wir im Großen und Ganzen auf einen gemeinsamen Nenner kommen könnten.

    Die Einkommensteuer ist ja nicht die einzige Steuer und wenn wir gerade bei Vereinfachung sind: Ich würde gerne alle Steuern in einer Steuer – eben der Einkommenssteuer – vereint sehen (die dann natürlich entsprechend höher wäre).

    Der Vorteil davon – neben der erheblichen Reduzierung der Gesetzenvorschriften – liegt für mich in der Ehrlichkeit einer solchen Steuer.

    In einem demokratischen Staat müssen die Bürger ohne großes Studium von Gesetzen und Statistiken sehen können, wie teuer sie der Staat kommt; und da ist eine direkte Steuer besser zu kontrollieren (und zu verstehen) als hunderte indirekte Steuern.

    Würdest du da mitgehen?

  12. Sebastian sagt:

    @Martin: Nein, komplett gehe ich nicht mit. Es ist richtig, dass es keinen Sinn mehr macht z.B. zwischen Einkommenssteuer und Kapitalertragssteuer zu unterscheiden. Weiterhin geben wird es aber die Verbrauchssteuern, etwa auf Alkohol, Tabak oder die Mehrwertsteuer. Diese haben ja auch eine steuernde Wirkung (nicht soviel rauchen etc.) und stellen damit die Möglichkeit zu staatlichem Handeln dar. Diese Steuern würde ich nicht abschaffen.

    Andere Abgaben auf mein Einkommen sind ja keine Steuern, sondern Versicherungen (Arbeitslosen-, Kranken-, Pflegeversicherung, etc.). Hier könnte man sicher auch vereinfachen, aber man sollte dies auch nicht in einer großen Einkommenssteuer zusammenfassen.

  13. Also doch wieder Ausnahmen :-)

    Hab mehr Mut! :-) Genauso wie du den sozialen Ausgleich außerhalb der Steuern bewerksteligen willst, kannst du das auch mit dem „gesundheitlichen“ Ausgleich und jedem anderen Ausgleich auch machen.

    Jene Personen zahlen dann eben z.B. höhere Krankenversicherungsbeiträge.

    Damit meine ich natülich richtige/private Versicherungen, die nach versicherungsmathematischen Methoden kalkulieren.

    Wer gesund lebt zahlt weniger, wer seiner Gesundheit schadet zahlt mehr. Das ist wesentlich zielgenauer und für die Menschen ersichtlicher, als wenn wir komplizierte Konsumsteuern haben (Die an sich auch inkonsequent sind: Ebenso müssten Süßigkeiten und Fettiges extra besteuert werden. Eigentlich kann ja alles gesundheitsschädigend sein).

    Der soziale Ausgleich findet, wie von dir beschrieben, außerhalb des entsprechenden Systems statt.

    Aber auch hier bin ich nicht in Gänze verbohrt:

    Eine allgemeine Einkommenssteuer auf alle Einkommen und eine allgemeine Mehrwertsteuer auf jeden Konsum und in keinen von beiden irgendwelche Ausnahmen oder Extrabeträge.

    Alle „Versicherungen“ (Gesundheit usw.) sind privat und der soziale Ausgleich erfolgt eben von Außen.

    Mein Ziel ist es, dass jeder Bürger die Staatsfinazierung versteht und genau weiß, was er dem Staat gibt und was er von ihm erhält.

    Ist das so falsch?

  14. Sebastian sagt:

    @Martin: Klar, ich könnte auch sagen, Raucher zahlen mehr für die Krankenversicherung. Aber, dann müsste ich einen Test entwickeln um nachzuweisen, wer nun Raucher ist und wer nicht. Da ist es doch wesentlich pragmatischer zu sagen, auf Nikotin wird eine extra Steuer erhoben. Denn wer Nikotin kauft, ist mit ziemlicher Sicherheit Raucher. Das erscheint ein ziemlich pragmatischer Ansatz für mich zu sein.

    Andererseits stimme ich dir z.B. bei der Mehrwertsteuer zu. Diese Sache mit ermäßigtem Satz (7%) und 19% ist komplex und unnütz. Hier kann man mit Sicherheit vereinheitlichen. Ein anderes Beispiel ist die GEZ. Da heute faktisch jeder Bürger vom öffentlich rechtlichen Medienangebot profitiert, könnte man es über normale Steuern finanzieren und die GEZ abschaffen.

  15. Dann bitte ich aber um Konsequenz (keine Ausnahmen!) und eine entsprechende Besteuerung aller gesundheitsschädigenden Stoffe (z.B. Zucker und Fett).

    Solche Steuern haben doch faktisch nichts mit irgendeiner Gesundheitspolitik zu tun. Die Tabaksteuer wurde erhöht, um das Anti-Terror-Paket zu finanzieren.

    Was unterscheidet eine pragmatische Lösung von einer unpragmatischen? Ich würde sogar behaupten, dass mein Lösungsvorschlag wesentlich pragmatischer ist.

    Wie hoch muss denn die Tabaksteuer sein, damit sie ihren gesundheitspolitischen Zweck erfüllt? Wie soll sie verwendet werden? Wieso muss ich, wenn ich z.B. Zigaretten in Deutschland kaufe aber nicht rauche diese Steuer zahlen, nicht aber, wenn ich Zigaretten im Ausland kaufe und rauche?

    Wieso lassen wir den Patienten die Kosten die er verursacht (und zwar gleichgültig ob durch Rauchen, Fettleibigkeit, Alkohol oder Bewegungsmangel) nicht da bezahlen – und vor allen in genau der richtigen Höhe – wo sie entstehen: Beim Arzt, Therapeuten, Apotheker?

    Für die Vorverlagerung dieser Kosten durch Versicherungsbeiträge werden sich die Versicherungen schon etwas einfallen lassen. Da sie profitorientiert sind, werden sie kaum zu wenig verlangen und da sie im Wettbewerb stehen auch nicht zu viel.

    Keine zusätzlichen Gesetze, keine weiteren gesellschaftlichen Kosten. Effektiv, effizient, pragmatisch.

  16. Sebastian sagt:

    @Martin: Hier prallt halt Realität und Theorie aufeinander. Natürlich werden heute die Einnahmen aus Tabak- und Alksteuer für allen möglichen Kram missbraucht. Trotzdem ist es keine schlechte Idee. Man könnte die Einnahmen z.B. in das Gesundheitssystem einfließen lassen und in Prävention bzw. Aufklärung.

    Du kannst die Kosten für Rauchen nicht beim Arzt erheben, da nicht 100%ig nachweisbar ist, dass die Schäden auch wirklich davon kommen. Lungenkrebs wird sicher zu einem großen Teil durch Rauchen verursacht, aber es gibt halt noch andere Faktoren. Warum also da ein bürokratisches Monster mit Regelwerken aufbauen, wenn eine Besteuerung des Tabakkonsums doch so wesentlich eleganter ist? Schau dir einfach die GEZ an. Da versucht man solch ein Regelwerk aufzubauen, um die Leute abzukassieren, die öffentlich rechtlich fernsehen. Das Ende der Geschichte ist bekannt – ein bürokratisches Monster, das bis zur Bespitzelung führt. Wenn du die Kosten für Rauchen erst beim Arzt erheben willst, baust du eine Smoking-GEZ.

    Das Argument mit dem Kauf von Zigaretten im Ausland zieht nicht. Klar, der deutsche Staat kann nun nur mal auf seinem Staatsgebiet Einfluss nehmen. Wie auch sonst?

  17. Gerade aus den von dir genannten Gründen ziehe ich die von mir vorgestellte Lösung vor :-)

    Eben weil sie kein bürokratisches Monster hervorbringt. Eben weil es bei der Nachweisbarkeit von Konsum bestimmter Stoffe und Gesundheitsschädigung (bzw. der Hervorrufung von Kosten) Wissenslücken gibt (und nicht nur dort).

    Was müsste denn die staatliche Bürokratie machen, um eine solche Tabaksteuer festzulegen (wenn sie eine rechtstaatliche und keine willkürliche Entscheidung treffen will)? Sie müsste den Zusammenhang zwischen Tabekkonsum (eigentlich Tabakkauf) und den gesundheitlichen Folgen feststellen (mittels den von dir kritisierten Tests und Untersuchungen und Studien usw); und sie müßte diesen Zusammenhang auch noch quantitativ in Form von Geldwerten erfassen (z.B. 1 Gramm Nikotin verursacht gesellschaftliche Gesundheitskosten von 0,75 Euro).

    Das aber kann sie garnicht – wie du völlig zurecht feststellst.

    Ich kann also, wenn ich gegen Bürokratie bin und das Wissensdefiziet sehe, diese Lösung nicht befürworten.

    Wieviel einfacher ist da das:

    Wer einen ungesunden Lebenswandel fröhnt (weil er raucht oder was auch immer tut) wird sehr wahrscheinlich öfters und/oder stärker krank sein (dafür benötigen wir schon einmal keine Bürokratie; darum kümmert sich die Natur).

    Und da die dafür zuständigen Ansprechpartner (Arzt, Apotheker, Therapeut, …) auch von was leben wollen, muss diese Person für ihren Lebenswandel entsprechend öfter bzw. tiefer in die eigene Tasche greifen (auch dafür brauchen wir keine Bürokratie sondern nur den Wunsch der Akteure auf ein angemessenes Einkommen).

    Et‘ voilà: Wenn Kosten entstehen, muss sie der Verursacher tragen – ohne Indirektion, ohne Kommisionen, ohne viel Bürokratie und ohne komplizierte Gesetze.

    Hat immerhin einige Jahrtausende gut funktioniert. Die einfachsten Lösungen sind die besten.

  18. Sebastian sagt:

    Ok, ich glaub, wir reden etwas aneinander vorbei. Dein Ansatz funktioniert nur, wenn jeder seine Krankenkosten vollständig selbst trägt (oder privat versichert). Das wäre dem System der USA ähnlich. Unter dieser Voraussetzung trägt auch jeder die Kosten für seinen Lebenswandel selbst. Dumm nur, dass auch derjenige, der eine angeborene unheilbare Krankheit hat, dann ebenfalls alles selbst tragen muss. Es gibt dann keinen Sozialstaat mehr. Ist aus meiner Sicht nicht gerade eine tolle Lösung.

    Willst du einen Sozialstaat, musst du also Regelungen schaffen, um zu beurteilen, ob die Krankheit selbst verursacht ist oder nicht. Genau an dieser Stelle entsteht in deinem Ansatz dann unheimliche Bürokratie, außer du willst ernsthaft keinen Sozialstaat mehr (dann können wir die Diskussion auch beenden, denn ein Gesundheitssystem wie in den USA oder GB will ich nicht).

    Warum du so eine Panik aus der Bestimmung der Steuerhöhe für die Tabaksteuer machst, versteh ich nicht. Natürlich wird sowas niemals ganz gerecht sein. Es geht hier vielmehr um einen gesellschaftlichen Kompromiss der darin besteht, dass sich Raucher mit einem angemessenen Betrag an den durch sie verursachten Kosten beteiligen. Ich denke die heutigen Preise für Zigaretten sind ok, viel höher sollte es nicht sein, denn schließlich soll ja jeder weiterhin die Möglichkeit haben zu rauchen, wenn er das möchte. Es muss also auch weiterhin für alle Einkommensschichten erschwinglich sein.

  19. Ich denke ich habe die Sache falsch dargestellt. Ich habe nur dein Konzept – was ich vom Prinzip her nicht schlecht finde – angewendet.

    Ich habe dein Konzept so verstanden, dass du die verschiedenen Aufgaben/Bereiche des Staates sauber voneinander trennen willst, so dass die einzelnen Bereiche klarer strukturiert sind (Verantwortlichkeiten) und so einfacher zu verstehen und auch umzusetzen sind.

    Deswegen sagst du: Der soziale Ausgleich hat in der Finazierung (den Steuern) nichts zu suchen. Dieser wird ausgeglieder – was die Steuern einfacher macht – und über ein separates System verteilt.

    Diese Idee finde ich nicht schlecht, also habe ich sie fortgeführt.

    Der soziale Ausgleich hat auch nichts im Gesundheitswesen direkt zu suchen, sondern kann ebenso separat durchgeführt werden.

    Das Sozialsystem legt schließlich Kriterien fest nach dem die entsprechenden Mittel verteilt werden. Ob in diese Kriterien nun nur Alter, Einkommen oder eben auch Gesundheitszustand einfließen ist dabei letztlich irrelevant.

    Um jenen, die eine Erkrankung haben, die sie nicht selbst verschuldet haben, einen entsprechenden Ausgleichsbetrag aus dem Sozialtopf zu geben (der dafür verantwortlich ist) benötigen wird kein staatliches Gesundheitswesen, sondern nur diese schmale Schnittstelle, die ich von deinem Vorschlag übernommen habe.

    Ich habe also in diesem Gespräch wirklich nicht vorgehabt das Sozialsystem abzuschaffen (ich bin ja auch schon mit kleinen Verbesserungen zufrieden :-)) sondern ich wollte nur, wie du, einfachere Strukturen.

    Doch wir sollten diese Diskussion wahrscheinlich an dieser Stelle schließen, jedoch ehr nicht mit einem inhaltlichen, Fazit, denn mit einem Metafazit.

    So wie du nicht bereit bist bestimmte Strukturen im Steuerstystem aufzugeben (und das meine ich jetzt nicht kritisch) so sind andere eben bei anderen Elementen (Progression, Freibetrag usw.) dazu nicht bereit.

    Damit hätten wir zumindest deine obige Analyse bestätigt.

    Nimms nicht so schwer! Stell dir vor wie ich erst leiden muss ;-)

  20. Wenn du Interesse hast, kann ich dir gerne das hier zukommen lassen.

    Seine Ideen sind nun noch wesentlich weniger radikal als deine und schon er ist bei den Bürgern abgeblitzt.

    Es zeigt außerdem, dass beim Steuerrecht noch viel mehr, z.B. juristische, Punkte beachtet werden müssen, als wir Laien je könnten.

  21. Sebastian sagt:

    @Martin: Klingt gut, schau ich mir mal an, wenn wir die Übergabe organisieren können :-)

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