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Verantwortung für den SOA Hype

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Kategorie Promotion | 1 Kommentar »

Die doch recht große Firma EDS leistet sich einen bemerkenswerten Blog, in dem sie kein Marketing betreibt, sondern über die großen aktuellen und zukünftigen Trends reflektiert. In einem aktuellen Post legt Mateen Greenway den Finger tief in die Wunde: IT Anwender hinterfragen Technologien nicht genügend und sind somit auch schuld an Hypes. Meiner Ansicht nach sind aber nicht nur Anwender verantwortlich, sondern es gibt noch weitere schwarze Schafe…

Die letzten Jahre war ich ein Teil des Hypes um serviceorientierte Architekturen (SOA). Ich habe an einem SOA Produkt mitgearbeitet, dieses öffentlich vertreten und ich habe im Bereich SOA geforscht. In dieser Zeit hat das Thema SOA sehr viel Aufmerksamkeit bekommen, es wurde als DIE Lösung für Agilität von Unternehmensarchitekturen verkauft und gekauft. Seit rund einem Jahr hat die Popularität von SOA extrem abgenommen und es gilt heute als schick, SOA für Tot zu erklären. Der Hype ist vorbei und es ist Platz für neue Hypes wie Cloud Computing und Green IT.

Die Enttäuschung ist groß, da SOA nicht die Anforderungen der Nutzer erfüllen konnte. Doch wer ist eigentlich schuld? Wer hat den Hype erzeugt?

Offentsichtlich liegt die Schuld bei den Anbietern von SOA Produkten und Dienstleistungen. Häufig wurden bereits existierende Produkte einfach neu als SOA umplakatiert. Mögliche Vorteile von SOA wurden überstrapaziert und Nachteile verschwiegen.
Liegt die Schuld aber allein bei den Anbietern? Ist es wirklich so einfach? Warum kaufen Anwender etwas, dessen Vorteile offentsichtlich übertrieben werden? Verantwortlich für den SOA Hype sind auch die Anwender und Käufer. Häufig werden große Visionen gekauft ohne zu prüfen, ob deren Umsetzung überhaupt möglich und sinnvoll ist. Jeder sucht nach dem Silver Bullet, mit dem er einen Sprung in Produktivität und Effizienz machen kann, um die Konkurrenz zu überholen ohne einzuholen.

Ist es also die Schuld von Käufern? Auch dies wäre eine sehr unfaire Vereinfachung, denn eigentlich sollte ja z.B. die Fachpresse die SOA Angebote kritisch hinterfragen und somit den Anwendern bei der Auswahl helfen. Doch kann die Presse dies überhaupt leisten, wenn sie gleichzeitig gut an Sonderausgaben über SOA und an SOA Konferenzen verdient? Die Fachpresse stellt sich natürlich gerne als unabhängiger Beobachter dar, aber ist sie dies tatsächlich?

Ein weiterer wichtiger Schuldiger ist die Wissenschaft bzw. die Hochschulen. Ich habe es in den letzten Jahren auf wissenschaftlichen Konferenzen mehrfach erlebt, dass Forscher in privaten Gesprächen offen zugaben, dass sie ihre Arbeiten momentan anreichern mit „SOA“, weil sie sie dann leichter publizieren können. Auch aus der Wissenschaft findet somit keine kritische Reflektion statt, sondern der Hype wird genutzt (und verstärkt), um leicht Publikationen platzieren und Forschungsgelder eintreiben zu können.

Es sind also mindestens Anbieter, Anwender, Presse und Forschung schuld am SOA Hype. Das könnte man jetzt bejammern oder nach einem Ausweg suchen. Eine Möglichkeit sowas in Zukunft zu verhindern liegt meiner Meinung nach in einer wirklich unabhängigen Presse jenseits von Computer Zeitung und Computer Woche. Sowas könnte man mit Blogs umsetzen, denn die traditionellen Kanäle sind von etablierten Anbietern belegt. Allerdings würde das bedingen, dass Blogger bereit sind kritisch zu hinterfragen und nicht mit Lobeshymnen nur die eigenen Zugriffszahlen zu steigern. Ich bin mir nicht sicher, ob das realistisch ist. Aber vielleicht hat ja der eine oder andere Leser auch eine Meinung dazu. Ich würde mich über kritische Rückmeldungen freuen!

Hinweis: Dieser, wie auch alle anderen Beiträge in diesem Blog, spiegeln meine persönliche Meinung wieder und sind nicht mit meinem Arbeitgeber abgestimmt. Ich blogge also als Privatperson und nicht als Mitarbeiter!

Ein Kommentar to “Verantwortung für den SOA Hype”

  1. Mich persönlich hat SOA oder eben der „Hype“ darum nicht sonderlich betroffen und somit auch nicht gestört, weswegen ich jetzt auch nicht auf der Suche nach irgendwelchen Verantwortlichen bin :-)

    Was neue Technologien allgemein betrifft, habe ich in meiner Umgebung bis jetzt einen eigentlich eher stetigen Verlauf beobachten können.

    Den Vertretern von Neuem stehen immer auch Verteidiger des Bestehenden gegenüber. Dabei ist sich außerdem jede Seite auch der Nachteile ihrer eigenen Position und der Vorteile der Gegenseite bewusst.

    Die „Progressiven“ sagen: „Mir ist klar, dass wir nicht von heute auf morgen umsteigen können, aber wir sollten diesen neuen Ansatz zumindest mal untersuchen.“
    Und die „Konservativen“ meinen: „Mir ist klar, dass wir hier und dort was ändern müssen, nur sollten wir genau prüfen wie und womit wir das tun.“

    Durch dieses gleichzeitige Antreiben und Ausbremsen wird selten etwas zu schnell hochgeputscht oder erstarrt andererseits zu schnell.

    Jeder größeren Änderung gehen doch meistens 1 bis 2 Jahre Konzept- und Pilotprojekte voraus – bis zur kompletten Umsetzung schon mal 3 Jahre. Da kühlt fast jeder innovative Hitzkopf ab und auch die hartnäckigsten Widerständler werden irgendwann mitgenommen.

    Also kurz: Gegen Deine Überlegungen und Vorschläge ist nichts einzuwenden, nur stehe ich dem Thema „Technologie-Hype“ auch eher emotionslos gegenüber.

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