Einflussvariablen auf Modellierungsprojekt
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Ich arbeite immer noch an meinem Vorhaben, möglichst alle verbleibenden Zeitschriften bis Mitte Juli gelesen zu haben. Dabei bin ich heute auf eine interessante Studie gestoßen, die verschiedene Faktoren untersucht hat, die ein Transformationsprojekt begünstigen könnten.
Konkret geht es um folgenden Artikel:
Tom R. Eikebrokk, Jon Iden, Dag H. Olsen, & Andreas L. Opdahl (2008). Validating the Process-Modelling Practice Model Enterprise Modelling and Information Systems Architectures, 3 (2), 3-17
Die Autoren haben so genannte Transformationsprojekte untersucht, die alle mit einem Modellierungsansatz durchgeführt wurden. Darunter verstehen die Autoren also Projekte, bei denen Prozessmodellierung zum Einsatz kam. Sie haben dabei untersucht, welchen Einfluss verschiedene Faktoren auf den Projekterfolg haben. Die Studie kommt empirisch daher. Es werden Hypothesen aufgestellt (etwa Modellierungswissen hat positiven Einfluss auf Projekterfolg) und anschließend werden Daten aus Industrieprojekten erhoben, um die Hypothesen mittels statistischer Verfahren zu testen.
Insgesamt wurden von den Autoren 7 Hypothesen untersucht, die nochmals in 2 übergeordnete Hypothesen gruppiert wurden. Entsprechend der Ergebnisse der Autoren zeigt sich, dass:
- Wird das Projekt durch die Führungsebene unterstützt (Management Support), ist Projekterfolg wesentlich wahrscheinlicher. Dies ist aus meiner Sicht keine wirklich neue Feststellung, denn man findet bereits in der empirischen Software Engineering Literatur eine Vielzahl von Untersuchungen, die genau dies bestätigen.
- Die Studie hat gezeigt, dass es keinen Unterschied macht, ob die Mitarbeiter alle Prozessmodelle selbst erstellen oder lediglich über Prozessmodelle diskutieren. Die Autoren beschreiben dies als „employee participation“, also der Grad wie stark unterschiedliche Rollen vertreten sind. Für die Praxis könnte dies bedeuten, dass es ausreichend ist, wenn wenige Mitarbeiter die eigentliche Modellierung übernehmen, solange die restlichen Mitarbeiter trotzdem in das Projekt eingebunden sind.
- Die Studie hat gezeigt, dass Modellierungstraining während des Projekts einen positiven Einfluss auf den Projekterfolg hat. Dies scheint ein logischer Aspekt zu sein, denn wenn man Modelle nicht versteht, kann man auch nur schlecht über diese diskutieren. Trotzdem wird gerade das Training natürlich in der Praxis aus Zeit- und Kostengründen häufig vernachlässigt.
- Ein weiterer wenig überraschender Faktor ist der Widerstand innerhalb der Organisation. Ist der Widerstand gering, ist das Projekt wahrscheinlich auch erfolgreicher. Dies ist selbstverständlich und es ist ein bekannter Fakt, dass man frühzeitig versuch muss, Widerstand durch Aufklärung und offener Projektdiskussion abzuschwächen.
- Interessant ist die Feststellung, dass die Verwendung einer konkreten Modellierungssprache einen positiven Einfluss auf den Projekterfolg hat. Projekte sollten deshalb eine klar definierte Modellierungssprache wie BPMN oder EPK verwenden, anstatt lediglich Kästchen mit Pfeilen zu malen.
- Die letzten beiden Faktoren überraschen. Ich hätte erwartet, dass eine hohe BPM bzw. Prozesskompetenz vor dem Projekt, das Projekt positiv beeinflusst. Laut den Autoren ist dies aber nicht so. Das ist letztendlich eine gute Nachricht für alle Anwender. Man muss nicht schon jahrelanges Wissen im BPM Bereich haben, um es trotzdem erfolgreich zu nutzen.
- Analog zu 6. muss man auch keine große Kompetenz in der Prozessmodellierung haben, um ein modellierungsbasiertes Transformationsprojekt trotzdem zu einem erfolgreichen Ende zu führen. Wichtiger ist, dass man alle Beteiligten während des Projekts das nötige Wissen vermittelt (siehe 3.).
Die Autoren bestätigen also einige bekannte Fakten, machen aber auch Mut, dass es gar nicht so schwierig ist, Prozessmodellierung erfolgreich zu verwenden. Wie immer bei solchen Studien gilt aber, dass sie natürlich keine Verallgemeinerung zulassen, da ja lediglich eine begrenzte Auswahl von Projekten untersucht wurde. Deshalb mich bitte nicht erschlagen, wenn ein Projekt an einem Faktor scheitert, obwohl der Faktor nach obiger Liste keinen Einfluss hätte haben sollen ;-)