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Privatperson vs. öffentliche Wahrnehmung

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Kategorie Web | 1 Kommentar »

Bei einer Firma wie IDS Scheer oder Software AG arbeiten viele tausend Menschen. Leider sind nur sehr wenige dieser Menschen in der Öffentlichkeit sichtbar. Die Wahrnehmung konzentriert sich auf einige wenige Individuen, die dadurch der Firma nicht nur ihre Arbeitsleistung zur Verfügung stellen, sondern auch ihre Privatperson. Dies trifft auch sehr stark auf Community Manager zu.

Die Nutzung von Social Media Werkzeugen, egal ob Echtzeitblogs à la Twitter oder Social Networks wie LinkedIn gepaart mit der Verbreitung von mobilen Zugangspunkten zum Internet, führt zu einer besseren Erreichbarkeit des Individuums. Prinzipiell ist dies Sinn der Sache, allerdings kann es im professionellen Umfeld zum Problem werden.

Durch meine Arbeit als verantwortlicher Community Manager der ARIS Community bekomme ich z.B. häufig Kontaktanfragen in Social Networks von Personen, die ich nie zuvor getroffen habe. Für die Personen erscheint die Kontaktanfrage selbstverständlich, da sie mich ja aus der Community und aus Artikeln kennen. Bis jetzt habe ich solche Kontaktanfragen meist abgelehnt, wenn ich die Person nicht wenigstens einmal persönlich getroffen habe. Ich vermute aber, dass ich das nicht mehr sehr lange machen kann, ohne Nutzer der Community zu verärgern.

Meine Arbeit zwingt mich also zu Handlungen in einem Bereich, der eigentlich privat sein sollte. Das führt dazu, dass ich in den Geschäftsnetzwerken wie LinkedIn und XING nur noch meine Geschäftsdaten pflege, meine privaten Kontaktdaten aber entferne. Letztendlich stelle ich damit meinem Arbeitgeber nicht nur meine Arbeitsleistung zur Verfügung, sondern auch einen Bereich meiner persönlichen Freiheit.

Ich glaube, heute ist es kaum einem Arbeitgeber bewusst, was hier geleistet wird. Dementsprechend darf man sicher auch keine Anerkennung oder sogar Vergütung erwarten. Es gilt vielmehr Bewusstsein zu schaffen, dass dies nicht selbstverständlich ist. Noch vor einigen Jahren wurde ein Auftreten in der Öffentlichkeit eigentlich nur von wenigen Personen wie Marketingmitarbeitern und Geschäftsleitung erwartet, während heute prinzipiell jeder Mitarbeiter öffentlich sichtbar werden kann. Im Prinzip erlebt man hier genau die gleichen Konflikte, wie sie Personen des öffentlichen Lebens, etwa Politiker, haben. Man muss abwägen, wie viel Einblick man zulässt und wie leicht man erreichbar ist.

Aus meiner Erfahrung sind viele Mitarbeiter nicht bereit, die eigene Privatperson dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. So gibt es z.B. auch bei uns Entwickler, die sich weigern, Fragen der Kunden in der Community zu beantworten, weil sie nicht in der Öffentlichkeit erscheinen wollen. Bisher war dies auch nicht nötig, da der Kunde zunächst mit Supportmitarbeitern interagiert hat und diese intern die Fragen geklärt haben. Der direkte Kontakt Entwickler-Kunde bestand dabei nicht. Eine Community aber auch private Blogs von Mitarbeitern führen zu direktem Kontakt zwischen Kunde und Entwickler. Dies wird von einigen Mitarbeitern nicht gewünscht. Dies ist ihr gutes Recht, macht die Arbeit als Community Manager aber nicht leichter, da Fragen von Community Mitgliedern beantwortet werden müssen, damit die Community wächst.

Ein weiterer wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist die Pflege der eigenen Marke. Vor einiger Zeit haben wir eine Artikelserie auf der ARIS Community initiiert, bei der es um technische Details der ARIS Software ging. Eine Person aus dem gehobenen Management steuerte zwar einen Artikel bei, wollte diesen aber nicht unter dem eigenen Namen veröffentlichen. Die Person hatte Bedenken, dass Leser sich wundern würden, wenn ein Manager über solch technisches Detailwissen verfügt, obwohl die Person gleichzeitig in Fachmagazinen Artikel veröffentlicht. Hier nahm die Person also eine bewusste Gestaltung der eigenen Marke vor. Auch als Community Manager muss man sich fragen, wie man öffentlich wahrgenommen werden möchte. In meinem Fall kann ich mich fragen, ob ich lieber als ARIS Experte, als BPM Experte oder nur als freundlicher Mitarbeiter, der sich um alle Anfragen persönlich kümmert, wahrgenommen werden möchte.

Für mich persönlich ist die Frage nach der Balance zwischen Privatperson und öffentlich sichtbarem Vertreter meines Arbeitgebers sehr interessant, da ich täglich damit konfrontiert bin. Nehmen mich Dritte z.B. als jemanden mit einer ARIS Gehirnwäsche wahr? Warum schicken mir Personen Fragen zu Produkten oder Dienstleistungen, über die ich nie öffentlich geschrieben habe? Gelte ich als Wichtigtuer und Selbstdarsteller, weil ich regelmäßig in der Community mit Beiträgen erscheine? Mich würde interessieren, wie andere Community Manager oder Öffentlichkeitsarbeiter dieses Spannungsfeld sehen. Die Sichtweise von Community Nutzern würde mich natürlich auch brennend interessieren, gerade was die Wahrnehmung von Community Managern betrifft ;-)

Ein Kommentar to “Privatperson vs. öffentliche Wahrnehmung”

  1. t sagt:

    Man sollte aber auch die positiven Aspekte nicht vergeßen, wenn man durch die Community zu einem Ruf als BPM, ARIS, BPMN Experte kommt hat das auch sicher positive Auswirkungen auf die Karriere.

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