Der Maurer muss weg!
Kategorie Berlin | 1 Kommentar »
Man denkt, dümmer geht’s nimmer. Und doch, man wird täglich eines Besseren belehrt. Statt sich die Zeit für einen demokratischen Dialog zu nehmen und einen Kompromiss im Streit um die East Side Gallery in Berlin zu finden, hat der Investor heute Morgen Fakten geschaffen. In den frühesten Morgenstunden, in denen die meisten Gegner normalerweise gerade erst schlafen gehen :-), rückten die Baumaschinen unter Polizeischutz an, um ein weiteres Loch in die East Side Gallery zu reißen. Dann wurde schnell ein Tor davor gemacht, damit man ungestört buddeln kann. Doch was werden die Konsequenzen dieses Vorgehens sein?
Zunächst blieb die erwartete Großdemo aus. Es fanden sich zwar immer wieder Menschen ein, aber Massen waren es nicht. Meiner Beobachtung nach waren die meisten Menschen schlicht schockiert über solch ein dreistes Vorgehen. Die Polizeit war mit mehreren Staffeln vor Ort. Der Einsatz dürfte wohl mehr kosten, als die Stadt in den nächsten 20 Jahren an Gewerbesteuer durch die neuen Häuser einnimmt…
Die ganze Sache ist, nüchtern betrachtet, recht einfach zu lösen. Es ist sicher vertretbar, dass hinter der Mauer Häuser gebaut werden, solange es einen öffentlichen Uferweg gibt. Die Löcher in der Mauer sind unnötig, denn schon wenige Meter weiter Richtung Oberbaumbrücke existiert bereits ein großes Loch. Zwischen Mauer und Spree ist eine Grünanlage, die aber nun durch die Polizei gesperrt ist. Diese nicht besonders gelungene Grünanlage hätte man sicher auch durch eine Zufahrtsstraße für die Häuser und einen schönen Uferweg ersetzen können. Damit wäre die East Side Gallery ohne neues Loch gewesen, ein Uferweg hätte existiert und die Häuser samt Zugang wären auch realisiert worden. Es wäre ein schöner Kompromiss gewesen…
Mir ist unklar, warum überhaupt eine Veränderung an der East Side Gallery vorgenommen werden darf, denn schließlich ist sie aller 25 Meter mit einem Denkmalschild versehen. An einem denkmalgeschütztem Haus darf man nicht mal eine Schraube reindrehen, hier aber reist man riesige Löcher rein. Merkwürdig..
Sollte sich kein Kompromiss finden, ist eigentlich schon absehbar, wie die Sache weitergehen wird:
- ein ständiges Polizeiaufgebot wird die Baustelle schützen müssen
- der Bauablauf wird durch Demos gestört und der Investor verliert Geld
- nach Fertigstellung kann die Immobilie den angestrebten Wert nie erreichen, da immer wieder Anschläge (etwa Farbbeutel) auf die Häuser verübt werden
- die zukünftigen Bewohner werden keine Freude haben, da sie für das Loch ständig angefeindet werden
- die Politik wird das Thema noch Jahre beschäftigen
Bleibt also nur zu hoffen, dass alle Beteiligten schnell zur Vernunft kommen und gemeinsam nach einer praktikablen Lösung suchen. Wie oben bereits beschrieben, dürfte das nicht so schwer sein, wenn alle Seiten von ihren Maximalforderungen („gar keine Bebauung“ vs. „Bebauung wie ursprünglich geplant“) abrücken. Wäre doch auch mal schön, oder?
PS: Den Titel zum Post habe ich von einem Plakat vor Ort geklaut!
Unglaublich! Bleibt dran, ihr Hauptstädter, und lasst euch das Stück Geschichte nicht wegnehmen!