Ein Darktable Erfahrungsbericht
Tags: linux, OpenSource
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Bis jetzt habe ich meine digitalen Fotos nicht unter Linux entwickelt, da quelloffene Programme wie RawTherapee mich nicht überzeugt haben. Dieser Tage habe ich aber nochmal eine aktuelle Version von Darktable ausprobiert und bin begeistert! Darktable ist nicht nur chic, sondern auch schnell, stabil und liefert sehr gute Resultate.
Der geneigte Leser mag sich vielleicht fragen, was ich bei digitalen Bildern „entwickeln“ muss? Schließlich muss man doch lediglich die Bilder von seiner Digitalkamera auf den Rechner kopieren und den gröbsten Unsinn aussortieren (wirklich, das sollte man unbedingt tun!). Leider ist es meiner Erfahrung nach so, dass gute digitale Spiegelreflexkameras keinen nennenswerten Unterschied gegenüber Modellen der Preisklasse bis 500 Euro liefern, wenn man die Bildoptimierung lediglich der Kamera überlässt. Will man das Potenzial eines teuren Models ausschöpfen, muss man das Rohmaterial am Rechner optimieren. Man nutzt dazu nicht die von der Kamera erzeugten JPG Dateien, sondern verarbeitet die wesentlich größeren RAW Dateien mit einem – Überraschung – RAW Konvertierer.
Bis jetzt sah es bei RAW Konvertierern unter Linux relativ dünn aus. Es gibt zwar schon seit einigen Jahren RawTherapee. Damit hatte ich aber wenig Erfolg, da zum Beispiel Schattenbereiche bei meinen Bildern immer ausgefressen aussahen. Deshalb blieb mir nichts anderes übrig, als die gut 100 Euro für das offizielle Programme meines Kameraherstellers zu investieren. Da dieses aber nur unter Windows und Mac läuft, muss ich immer erst eine virtuelle Windows Maschine starten, in der das Programm dann läuft. Da RAW Konvertierer rechenintensive Operationen ausführen, ist der Betrieb innerhalb einer virtuellen Maschine nicht ideal. Aber es ist immer noch besser, als jedesmal den Rechner neu starten zu müssen, um Windows zu booten :-)
Jetzt habe ich nochmal einen Blick auf Darktable gewagt. Ich hatte schon mal vor einiger Zeit Version 0.9.irgendwas ausprobiert, aber damals war es noch langsam und nicht sinnvoll nutzbar. Jetzt habe ich mir die aktuellste Entwicklungsversion kompiliert und ausführlich getestet. Aussehen tut die ungefähr so:
Darktable orientiert sich stark am kommerziellen Marktführer Adobe Lightroom. Prinzipiell gibt es 4 Modi:
- Leuchttisch (Lighttable) – Bildbibliothek mit Metadatenverwaltung
- Dunkelkammer (Darktable) – Bearbeitung eines ausgewählten Bilds (diesen Modus sieht man oben im Bildschirmfoto)
- Tethering – Liveansicht des aktuellen Kamerabildes, sofern die Kamera dies unterstützt
- Karte (Map) – Zuordnung von Bildern zu geografischen Orten (Geo Tagging)
Die Bildbibliothek nutze ich nicht, da ich meine fertigen Bilder ganz banal nach Datum und Ereignis (etwa Urlaub) archiviere. Ich hebe auch nur ganz wenige RAW Dateien von ganz besonders gut gelungenen Bildern auf. Wichtig ist für mich deshalb die Dunkelkammer.
In der Dunkelkammer startet man mit den Rohdaten aus der Kamera. Das ist natürlich auch schon ein Bild. Auf das Bild wendet man dann Werkzeuge an, etwa Kontrast verstärken oder Bildrauschen reduzieren. Die Bildvorschau zeigt dabei immer das aktuelle Ergebnis an. Idealerweise gibt es keine Verzögerung, während man die Schieberegler der einzelnen Werkzeuge virtuos bewegt. Es gibt aber eine Vielzahl von Werkzeugen, die selbst ein moderner Rechner nicht in Echtzeit berechnen kann.
Ist man mit dem Bild zufrieden, wechselt man wieder zum Leuchttisch und konvertiert das RAW Bild in ein JPG. RAW Konvertierer ändern übrigens nicht direkt die RAW Dateien, sondern speichern lediglich eine Liste von gemachten Änderungen inklusive aller gewählten Parameter. Je nach Programm wird diese Liste entweder direkt in die RAW Datei eingebettet oder in eine Begleitdatei (Sidecar) geschrieben. Darktable nutzt eine Begleitdatei im XMP Format. Durch diesen Mechanismus kann man auch später noch Einstellungen ändern und sogar eine RAW Datei in verschiedenen Varianten entwickeln. Allerdings muss man dazu die RAW samt Begleitdateien aufheben, was ich aber nur bei den wenigsten Bildern tue.
Darktable ist sehr schnell. Die finale Umwandlung von RAW Datei in JPG dauert im offiziellen Programm meines Kameraherstellers ca. 15 Sekunden (wenn ich Windows nicht virtualisiert ausführe, sonst 18 Sekunden), während Darktable nicht mal 2 Sekunden benötigt. Auch aufwendige Werkzeuge wie Entfernung von Bildrauschen berechnet Darktable fast in Echtzeit, was das Arbeiten sehr angenehm macht. Hier ist vielleicht von Vorteil, dass Darktable eine relative junge Software ist und so von Anfang an für Mehrkernsysteme und 64Bit entwickelt wurde. Weiterhin unterstützt Darktable OpenCL. Dadurch kann Darktable für rechenintensive Operationen zusätzlich die Grafikkarte nutzen. Dadurch steht Darktable ein hochspezialisierter Prozessor zur Verfügung. OpenCL hat im Gegensatz zu CUDA auch den Vorteil, dass es ein herstellerübergreifender Standard ist und somit auf einer Vielzahl von Grafikkarten funktioniert.
An einigen Stellen wirkt Darktable noch etwas technisch. So gibt es eine riesige Menge an Werkzeugen, etwa 3 verschiedene Werkzeuge für das Entrauschen. Andererseits fehlt ein einfacher Werkzeugkasten mit Basiswerkzeugen wie Helligkeit, Kontrast, Sättigung, etc. Diese Regler gibt es zwar alle, sie sind aber über viele Einzelwerkzeuge verstreut. Hier wäre es schön, wenn man diese gesammelt anbieten könnte, denn bei vielen Bildern reichen die Basiswerkzeuge aus.
Auch wäre es schön, wenn die Werkzeuge einen Idioten- und Expertenmodus hätten. Ich fühl mich etwas hilflos, wenn ich 3 Schieberegler bedienen soll, um ein Bild zu entrauschen. Stattdessen würde ich es erst mal gerne mit einem Regler versuchen wollen („Effekt wenig bis stark anwenden“). Wenn ich damit nicht weiter komme, dann möchte ich in den Expertenmodus wechseln. Aber eben nur dann :-)
In Darktable fehlen noch ein paar Werkzeuge zur Manipulation von Bildbereichen. So gibt es zwar ein Werkzeug zur Behebung des „Rote-Augen-Effekts“ bei Blitzaufnahmen, aber kein Detailentferner, um zum Beispiel Hautirritationen (lies: Pickel) zu kaschieren :-) Es dürfte aber nur eine Frage der Zeit sein, bis entsprechende Werkzeuge auftauchen.
Ich hatte auch mit dem Gedanken gespielt, ob ich nicht selbst solche kleinen Werkzeuge beitragen könnte. Allerdings muss ich mir wohl eingestehen, dass mich die verwendete GTK und C Programmierung etwas überfordert. Dass für die Bildbearbeitungsalgorithmen C und OpenCL verwendet wird, ist nachvollziehbar und sinnvoll. Aber GUI Programmierung mit einer möchtegern objektorientierten Bibliothek wie GTK zu bestreiten, finde ich gewagt. Hier ein Beispiel, wie etwa ein Tooltip für ein neues GUI Element gesetzt wird ;-)
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Ich würde mir auch wünschen, wenn Darktable sich nicht zu stark an den großen Konkurrenten Lightroom anlehnt. So ist mir zum Beispiel unklar, warum der Verlaufsstapel, in dem die gemachten Änderungen aufgelistet sind, nicht flexibler ist? So kann ich zum Beispiel nicht die Reihenfolge der Werkzeuge etwa durch Drag’n’Drop ändern und ich kann auch nicht mit einem Mausklick ein Werkzeug aus dem Stapel entfernen. Das geht in Lightroom zwar auch nicht, was aber nichts zu heißen hat!
Das ist aber Jammern auf hohem Niveau! Darktable ist schon jetzt eine echte Alternative zu kommerziellen RAW Konvertierern und der klare Favorit in der OpenSource Liga. Wer also noch nie den RAW Modus seiner Digitalkamera genutzt hat, findet mit Darktable ein gutes Werkzeug, um den Einstieg ohne Großinvestition zu schaffen! Und wer so wie ich noch eine technisch veraltete Software seines Kameraherstellers nutzt, bekommt mit Darktable ein kostenloses Upgrade auf eine zeitgemäße Lösung :-)
Angesichts der Tatsache, dass Corel AfterShotPro offensichtlich wieder vergammeln läßt, kommt darktable genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich bin derart begeistert, dass ich mir ASP inzwischen sparen kann und mich nicht mehr über die fehlenden Updates und veralteten Kameradateien zu ärgern brauche.
Bei meiner Arbeitsweise entschied ich mich in der Wahl zwischen den Programmen Rawtherapee, Darktable und Photivo zu Rawtherapee.
Mit RT komme ich schneller als Darktable zu den gewünschten Ergebnis. Es liegen ale wichtigen Einstellungsnöglichkeiten „vorn“. Insbesondere seit Version 4.10 möchte ich die Funktion Tonmapping via CIECAM02 nicht missen.
Im Gegensatz dazu wird man bei Photivo von den umfangreichen Einstellungsmöglichleiten erschlagen, eher was für Profis mit Theoriebackround.
Darktable hat den großen Vorteil eines Leuchttisches (Filmrollenverwaltung) und der mathematischen Verknüpfung einiger Filter ähnlich die der Ebenentechnik .
Mittlerweile trifft das zu. RT wurde immer besser und besser; ich habe aus den ppa’s die Unstable drauf. Interessanterweise gibt es einen Fehler in der Firmware der Nikon P7100, der sich bei ISO-AUTO und dem Wechsel auf ISO400 bemerkbar macht. Die Bilder werden giftgrün und sind mit keinen Programm korrigierbar gewesen. Mit RT ging es, indem ich im Kartenreiter RAW+R die Schwarpegel von rot, blau, grü1 und grün2 auf minus 250 setzte und die Option „Grünwerte angleichen“ mit einem Häkchen versah.
Nachdem Aftershot von Corel halberwege auf einen Stand gebracht wurde, so dass auch meine Kameras wieder mit einbezogen waren, arbeite ich hauptsächlich auch wegen der Zeitersparniss wieder mit Aftershot und korrigiere ggf. die NRWs aus den P7100 mit RT. Allerdings, seit ich den ISO-Wert so festlege, dass er nicht mehr über die 400er-Schwelle springen muß (also entweder einen festen Wert oder dann ISO-Auto 100 bis 200) tritt auch dieses grüne Ereignis nicht mehr auf.
Darktable habe ich als stable 1.4.1 drauf und bin mehr als zufrieden, mit dem was die Entwickler da leisten. Ganz großartig.
Und nun ist die DT Version 1.6 herausgekommen ;-) Tolle Leistung
Mein Aftershot hatte ich seit langen nicht mehr angeworfen. Ich wunderte mich das überhaupt dieses Jahr eine neue Version herauskam, ein Plugin-Entwickler meinte voriges Jahr, dieses Produkt sei schon beerdigt, als ich ihn um die Möglichkeit eines bestimmten Plugins anschrieb.
Ich vermisse aber Aftershot nicht, mit RT und DT kommen bessere Effekte heraus.
Mit DT war der ISO-Farbfehler auch nicht korrigierbar?
Hier wäre eine Idee zum Automatismus:
http://www.linux-community.de/Internal/Artikel/Print-Artikel/LinuxUser/2013/06/Expertenfeatures-von-Rawtherapee-nutzen/%28article_body_offset%29/2
Hallo, hier ist ja seit meinem letzten Besuch nicht viel geschehen …
Also, ich bin nun komplett auf Darktable umgestiegen, seit dem ich etwas mehr verstanden habe als nur das emphirische Herumgeklicke.
Generell: Das Menü wirkt etwas unübersichtlch, aber der linke Reiter „Benutzte Module“ ist die wichtige Übersicht, welche Module und in welcher Reihenfolge aktiv sind.
Die Anzeige im „Verlauf“ hat nichts mit der Reihenfolge der Abarbeitung zu tun, die ist nur die Reihenfolge unserer Tätigkeit. Die Reihenfolge der Abarbeitung ist fest kodiert, somit kann der unerfahrene Anwender hier keine Fehler machen.
Entrauschen: Die voreingestellten Werte sind zu stark. Man sollte die werte für RAW-Rauschen (z.B. 0,004) und Rauschen (Profil) (z.B. 0,03) – je nach vorhandenen Rauschen und Notwendigkeit, drastisch reduzieren.
Einen Feinabgleich aller Werte erhält man übrigens, indem mit der rechten Maustaste der Regler angeklicht wird. Es öffnet sich eine verschiebbare Kurve nach unten, je weiter unten wir nun die Kurve anfassen, desto feiner lässt sich der Wert regulieren.
Ansehenwert ist auf alle fälle das Modul Equalizer: mit der rechte Maustaste in Menue zur Wahl nach „Klarheit“ oder „Schärfen und Entrauschen“.
VG Jörn
Jörn, danke für das Update. Ich habe Darktable nicht weiter genutzt, da bei einem neuen Laptop auch eine Lightroom Lizenz beilag.
Ich glaube, Darktable hat nicht unbedingt den Fokus auf Nutzerfreundlichkeit, sondern ist eher ein Experimentiergebiet für die involvierten Programmierer. Das sieht man dann zum Beispiel an den von dir genannten Einstellwerten für Rauschen wie 0,004 :-) Eine Skala zwischen 0 und 100 wäre sicher leichter verständlich für den Durchschnittnutzer.
Hallo Sebastion,
ich bin wieder mal auf deine Seite gestoßen…und bei DT geblieben ;-)
Mein AfterShotPro wird kaum noch angefasst….
Dein Frage im Text: „So ist mir zum Beispiel unklar, warum der Verlaufsstapel, in dem die gemachten Änderungen aufgelistet sind, nicht flexibler ist?“
Das ist absolut gewollt. Um einen reproduzierbaren Workflow zu schaffen ist die Bearbeitungsreihenfolge fest verdrahtet. Egal in welcher Reihenfolge die Filter abgefasst werden, oder auch wie oft, sie werden immer nur 1-mal in einer – von einem Profi – festgelegten Reihenfolge abgearbeitet.
Eine Skala von 1 bis 100 würde nicht bringen, das sind wohl eher physikalische Einstellwerte.
Das ist eben kein „mache hier Klick für schön“-Programm, sondern verlangt ein gewisses Mitdenken. So sind auch für jeden Filter mehrere Instanzen aufrufbar, welche via Multiplikation, Überlagern, Farbwerte etc. kombinierbar ist. Das Programm nimmt einen nicht das denken ab, dafür gibt es mehr Spielraum zur Manipulation. Auch ein Photoshop-Profi weiß damit umzugehen.
Guten Tag,
da ich ein älteres Semester in und meine Augen nicht mehr das kleingedruckte sehen, wäre es für mich unendlich hilfreich wenn die Beschriftungen etc etwas größer gehalten wären… oder lässt sich das Ende wirklich verstellen- gefunden hab ich bisher leider nichts dazu
LG
H