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Recht auf Home Office?

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Kategorie Rest | 3 Kommentare »

Vor einigen Wochen geisterte der SPD Vorschlag durch die Medien, jeder Arbeitnehmer sollte das Recht auf Home Office haben, falls seine Tätigkeit dies zulässt. Ich arbeite seit Jahren aus dem Heimatbüro, bin aber auch selbständig und mit der Arbeitgeberperspektive vertraut…

Argumente pro Home Office

Zunächst, es gibt sehr gute Gründe für die Forderung nach einem Recht auf Arbeiten von zu Hause. Viele Tätigkeiten werden heute ausschließlich am Rechner durchgeführt, Kollegen sind über Deutschland und die Welt verteilt und man ist sowieso häufig beim Kunden vor Ort unterwegs. Klar, nicht jede Tätigkeit ist für das Heimatbüro geeignet (Krankenpfleger, Lehrer, Bauarbeiter, etc.), aber bei vielen Bürotätigkeiten ist eine Arbeit von zu Hause sehr gut realisierbar.

In der Realität spart man sehr viel Zeit, wenn man von zu Hause aus arbeitet, da die tägliche Pendelei zur Arbeit wegfällt. Bei vielen Arbeitnehmern macht dies schnell 1-2 Stunden täglich (!) aus. Diese Zeit kann man sinnvoller in die Bewältigung des Alltags investieren, etwa für so spannende Tätigkeiten wie Einkaufen, Putzen und Wäsche waschen. Am Ende bleibt dann auch mehr Zeit für die wichtigen Dinge im Leben wie Familie, Garten und die aktuellste Netflix Staffel :-)

Weniger Pendler verursachen weniger Verkehr, was in Zeiten des Klimawandels ein sehr wichtiges Argument ist. Eventuell kann man die Kinder auch eher aus Kindergarten & Co. abholen, was wiederum die kommunalen Kassen entlasten kann. Auch lassen sich in den Tagesablauf des Heimarbeiters leichter Termine wie Besuch von Handwerkern oder Annahme von Paketen integrieren.

Argumente gegen Home Office

Natürlich gibt es genauso viele Argumente gegen ein Recht auf Heimarbeit. Am Ende sollte natürlich der Unternehmer entscheiden können, wie er sein Unternehmen gestaltet. Wenn er meint, Anwesenheit ist für optimale Arbeitsergebnisse erforderlich, dann kann es ja durchaus sein, dass er Recht hat.

Erfolgreiche Heimarbeit erfordert auch eine bestimmte Unternehmenskultur (dazu vielleicht in Zukunft mal mehr), die man nicht per Gesetz erzwingen kann. Von daher glaube ich nicht, dass das Recht auf Heimatbüro all zu schnell Realität wird.

Am Ende sollten sich gerade in der aktuellen Situation eines guten Arbeitsmarktes auch jeder Arbeitnehmer selbst fragen, ob der aktuelle Job es wert ist, eine tägliche Pendelei auf sich zu nehmen oder ob es nicht Alternativen gibt. Aber gerade im ländlichen Bereich gibt es nicht aller paar Ecken passende Arbeitgeber und man ist damit dann doch auf den Arbeitgeber 20km weiter angewiesen.

Rechtlicher Rahmen für Heimarbeit

Statt ein Recht auf Heimarbeit zu schaffen, plädiere ich dafür, Rechtsunsicherheit im Bereich Heimarbeit zu minimieren. Hier ein paar Beispiele, was ich mit Rechtsunsicherheit meine:

Ein Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, seinem Arbeitnehmer einen sicheren Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Im Bereich Büroarbeit bedeutet dies zum Beispiel, dass der Arbeitgeber auf Arbeitsplatzergonomie achten muss und der Mitarbeiter entsprechend zu schulen ist. Diese Verantwortung erlischt natürlich nicht, nur weil der Mitarbeiter von zu Hause aus arbeitet. Doch wie soll ein Arbeitgeber sicherstellen, dass der Mitarbeiter zu Hause nicht in einer dunklen Kammer kniend vor dem Rechner hockt? Ich habe gelesen, große Konzerne besichtigen die Heimarbeitsplätze, aber ich glaube kaum, dass jeder Arbeitnehmer Besuch von seinem Arbeitgeber zu Hause haben möchte. Mein pragmatischer Vorschlag:

  • verpflichtende Schulung des Mitarbeiters im Bereich Arbeitsplatzergonomie
  • Mitarbeiter muss jährlich Fotos seines Arbeitsplatzes zur Verfügung stellen, die in der Personalakte gespeichert werden
  • es sind auch technische Einrichtungen zu dokumentieren, also dass nicht 50 Jahre alte Verlängerungskabel und Verteilerdosen verwendet werden und die Tastatur nicht vor sich hinschimmelt
  • Arbeitgeber hat Recht Heimarbeit zu verweigern, wenn Heimarbeitsplatz nicht sicher ist

Nächstes Beispiel: Ein Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, Arbeitszeitregelungen durchzusetzen. Überstunden sind zu vermeiden, Pausenzeiten sind einzuhalten, Feiertage, Wochenende und Urlaub sind zur Erholung da. Andererseits ist ein großer Vorteil des Heimatbüros die zeitliche Flexibilität. So ist es durchaus im Interesse des Arbeitnehmers, wenn er sich abends, nachdem die Kinder im Bett sind und der Alltag bewältigt ist, nochmal 1-2 Stunden hinsetzt, um in Ruhe die restlichen Arbeitsstunden zu leisten. Auch hier bedarf es einer pragmatischen Lösung, mein Vorschlag:

  • Arbeitnehmer und Arbeitgeber definieren den wöchentlichen Stundenplan des Mitarbeits, also die Zeiten, wann der Arbeitnehmer normalerweise arbeitet
  • der Arbeitgeber muss diesen Stundenplan kontrollieren und einschreiten, wenn Arbeitnehmer sich nicht daran hält und zum Beispiel immer nachts arbeitet

Ein weiterer Bereich ist das Thema Arbeitsunfälle. Bringt der Heimarbeiter vor der Arbeit seine Kinder in den Kindergarten und verunfallt, ist das dann ein Wegeunfall? Und was passiert, wenn tatsächlich ein Unfall zu Hause während der Arbeit passiert? Wer haftet dann? Ich möchte lieber nicht wissen, wie da die aktuelle Rechtslage ist.

Auch bei der Unternehmensbesteuerung gibt es offene Fragen. Gerade im IT Bereich ist es durchaus möglich, dass alle Mitarbeiter einer Firma nur von zu Hause aus arbeiten. Diese Mitarbeiter können deutschlandweit verteilt sein, was gerade mit Blick auf Mitarbeitergewinnung ein echter Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen sein kann. Doch wie ist das steuerrechtlich zu handhaben? Benötigt das Unternehmen dann in jedem Bundesland eine Niederlassung? Oder zählt jeder Heimarbeitsplatz sogar als Betriebsstätte?

Klar, jede Kommune möchte natürlich was vom Steueraufkommen abhaben. Andererseits dürfte es für das Unternehmen zu viel Administrationsaufwand und steuerrechtliche Komplexität bedeuten, wenn es in jeder Gemeinde, in der es Heimarbeiter beschäftigt, Steuern abführen muss. Und überhaupt, welche Feiertage gelten für den Arbeitnehmer? Zählt das Bundesland, in dem sich sein Heimatbüro befindet oder die Niederlassung seines Arbeitgebers, in der er offiziell angestellt ist?

Fazit

An dieser kleinen Auswahl rechtlicher Fragestellungen sieht man, dass es viel für den Gesetzgeber zu tun gibt, um Rechtssicherheit im Bereich Home Office zu schaffen. Bevor man also ein Recht auf Home Office einführt, sollte man zunächst die heute schon offenen rechtlichen Fragen klären!

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3 Kommentare to “Recht auf Home Office?”

  1. Matin sagt:

    Dieser rechtlichen Probleme war ich mir bis jetzt garnicht bewusst. Ein Wunder, dass es da überhaupt Home Office Plätze gibt.

    Da sehe ich nur eine Möglichkeit: Scheinselbständigkeit ;-)

  2. Marcus sagt:

    Also ich hab in diesem Zusammenhang auch angebracht, eine Zweigstelle in Michendorf aufzumachen, konnte dabei aber auf nicht soviel Zuspruch bei meinem Arbeitgeber stoßen… Ich glaube allerdings auch, Home Office funktioniert nur, wo auch wirklich gearbeitet werden will, ansonsten wird es definitiv mit überwiegendem Privaten missbraucht werden. Ihr würdet nicht glauben, in wie vielen unterschiedlichsten Arbeitsbereichen das Smartphone des Arbeitnehmers absolute Ineffizienz und Unproduktivität dominieren (ohne Statistiken, sondern aus der Beobachtung heraus).

  3. Sebastian sagt:

    @Matin: Das ist eine sehr kreative Lösung – gefällt mir!

    @Marcus: Tja, die große Frage, und das treibt dann ja auch den SPD Vorschlag, ist, wie „die neue“ Arbeit zu werten ist. Wenn dein Job Bäume Fällen ist, dann kann man deine Arbeit leicht messen. Nicht so, wenn deine Aufgabe Kreativität oder Wissensarbeit ist. Das ist schwer zu messen und es gibt vermutlich keinen direkten Zusammenhang zwischen aufgewendeter Arbeitszeit und erzieltem Arbeitsergebnis.

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