Mach es gut Sven Guckes!
Tags: linux
Kategorie Web | 1 Kommentar »
Gerade lese ich den Nachruf auf Sven Guckes und bin traurig. Sven Guckes war ein besonderer Mensch und ich möchte ein paar persönliche Gedanken teilen…
Mein persönliches Mailarchiv startet am 1. Juni 2001, die Jahre zuvor haben diverse Plattencrash und Wechsel der Mail Clients nicht überstanden. Aber seit nunmehr 20 Jahren läuft mein Email-Setup aus fetchmail, procmail, mutt und vim stabil – Dank Sven!
Kennengelernt habe ich Sven über die Zusammenarbeit an der OpenWebSchool. Während heute MOOCs und Weiterbildungsseiten ein großes Geschäft sind, waren wir damals der Zeit voraus. Das Projekt wurde von verschiedenen Berliner FOSS Leuten getrieben. Und da ich zu der Zeit in Dresden studierte, konnte ich zu Projekttreffen oder zum weihnachtlichen CCC Kongress bei ihm immer übernachten.
Ich erinnere mich noch an viele verrückte Nächte bei ihm. Seine Altbauwohnung in Wilmersdorf war voll mit mir unbekannten Leuten. Alle bastelten die ganze Nacht gemeinsam an diversen Projekten. Sven hatte eine große Sammlung von Matratzen, um jedem Gast einen Schlafplatz bieten zu können. Einzig seine Katzen fanden die Treffen nicht so toll und warteten in ihrem Versteck, bis die Meute wieder abgezogen war.
Sven hat mir damals auf langen Spaziergängen seinen Kiez und Berlin gezeigt und meine Sehnsucht nach der Stadt gestärkt. Inzwischen wohne ich seit mehr als einem Jahrzehnt in Berlin. Vielleicht wäre ich ohne ihn hier niemals gelandet?!
Durch Sven verstand ich, wie wichtig es ist, die eigenen Werkzeuge zu beherrschen. Wie ein Handwerker muss ich als Software Ingenieur auch das richtige Werkzeug für die richtige Aufgabe wählen. Ich kann mich noch gut an eine Aufgabe im Praxissemester erinnern. Ich sollte irgendwelche Datenbankskripte bereinigen. Mein Betreuer hatte sicher gedacht, die Aufgabe reicht für die nächsten Tage. Dank etwas gerade von Sven gelernter vim-Magie war ich nachmittags fertig und das Staunen groß :-)
Sven war ein unablässiger Netzwerker. Er brachte Leute zusammen, stellte vor, führte ein. Im Gegensatz zum modernen Networking machte er das nicht zum eigenen Vorteil, sondern es schien ihm schlicht Freude zu bereiten, Menschen zusammen zu bringen. Er organisierte ständig Treffen, etwa das sonntägliche Brunch irgendwo in Berlin. Dank seines markanten Aussehens mit rotem Schal konnte man ihn auch in großen Mengen jederzeit ausmachen.
Ich denke, viele Menschen haben von seiner Expertise, seiner Begeisterung und seinen Netzwerken persönlich stark profitiert, so wie ich. Zur Wahrheit gehört auch, dass es bei Sven im Privaten nicht so rund lief und er einige Rückschläge einstecken musste. Selbst ein so helles Licht wirft ab und zu einen Schatten :-(
Verrückt ist, dass ich kaum Fotos aus der Zeit mit ihm habe – Smartphones und Digitalkameras waren gerade erst im Kommen. Und bei späteren Treffen machte ich keine Erinnerungsbilder, schließlich war Sven ja immer nur eine kurze Mail weit weg. Jetzt ist er sehr weit weg. Mach’s gut!
Mein Beileid. Leider viel zu jung. Ich finde sehr schön, dass er als eine Art Mentor/ Supporter für seinen hochkomplexen Bereich gelebt hat und damit wohl sehr viele Menschen bewegt haben muss. Damit hat er ein Erbe aufgebaut, dem hoffentlich einige von diesen Menschen nachahmen werden.