AWS Solution Architect Zertifizierung
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Ich habe dieser Tage die Zertifizierung zum AWS Solution Architect – Professional absolviert. Dazu ein paar Gedanken, was bei der Vorbereitung auf die Prüfung hilft…
AWS Zertifizierungen
Ich benutze die Amazon Web Services (AWS) schon sehr lang. Es dürfte 2008 oder 2009 gewesen sein, als ich das erste AWS Konto für berufliche Zwecke angelegt habe. Zumindest finden sich hier im Blog entsprechende Beiträge aus dieser Zeit.
Damals war noch vieles anders und insbesondere unausgereift. Es gab nur ein Dutzend Services. Über die Jahre hat AWS das Portfolio stetig erweitert und heute ist AWS ein Moloch von über 200 Services. Seit meinen ersten Gehversuchen vor über 15 Jahren habe ich in fast alle beruflichen Etappen, egal ob in Festanstellung oder in freiberuflichen Projekten, mit AWS gearbeitet. Das Spektrum reichte dabei vom Betrieb von Microservices bis zum Design kompletter Software as a Service Produkte.
Erzählen kann man natürlich viel und ein Projektvermittler kann meinen Projektbeschreibungen im Lebenslauf Glauben schenken oder nicht. Viel lieber ist es denen aber, wenn man ein offizielles Zeugnis für die geforderte Kompetenz hat. Deshalb gibt es in fast allen Branchen eine florierende Zertifizierungsindustrie, die alles mögliche prüft und bescheinigt. Die großen IT Plattformanbieter bieten natürlich auch ihre eigenen Zertifizierungen an. Man denke nur an die unendlichen Cisco, Oracle und Microsoft Zertifikate.
Natürlich gibt es keine harte Korrelation zwischen Zertifizierung und Kompetenz. Wie jede Prüfung kann man nur für die Prüfung lernen, ohne den Stoff wirklich tiefgründig zu verstehen oder anwenden zu können. Prüfungen bevorteilen auch Menschen, die gut im Auswendiglernen sind. Deshalb bin ich persönlich kein großer Fan von Zertifizierungen und habe mich entsprechend lange erfolgreich drum gedrückt.
Diesmal ging der Kelch aber nicht mehr an mir vorbei und ich musste eine AWS Zertifizierung vorweisen. Es gibt bei AWS eine Reihe von Zertifizierungen, die sich aktuell in 4 Kategorien unterteilen:
- Grundlagen (Cloud Practioner, AI Practioner)
- Fortgeschritten (Developer – Associate, Solution Architect – Associate, uvm.)
- Profi (Solution Architect – Professional, DevOps Engineer – Professional)
- Spezialist (Security – Speciality, Advanced Networking – Speciality, Machine Learning – Speciality)
Aufgabe eines AWS Solution Architect ist es, AWS Cloud Architekturen für komplexe Anforderungen zu entwerfen und dabei die Aspekte Sicherheit, Performance, Automatisierung und Kosten im Blick zu behalten. Damit man dies kann, muss man die verschiedenen AWS Services kennen und wissen, wie man sie miteinander kombiniert.
In der Realität gibt es für eine Anforderung natürlich verschiedenste Möglichkeiten und Services, die man nutzen kann. Und obwohl ich nun schon so lange mit AWS arbeite, habe ich trotzdem noch nicht alle Services selbst genutzt. Es reicht auch nicht, die Services und ihre Vor- und Nachteile benennen zu können. Bei einigen zentralen Services wie VPC, EC2, S3, IAM und RDS geht die Zertifizierung extrem ins Detail.
Vorbereitung auf AWS Solution Architect – Associate
Ich habe als ersten Schritt den Solution Architect – Associate in Angriff genommen, in der Hoffnung, einen leichteren Einstieg zu haben und mich an das Examen gewöhnen zu können. Es gibt zwar ein offizielles Dokument über den Prüfungsstoff, aber das ist nicht mehr als eine Stichpunktliste mit den Services. Seitens AWS gibt es mit dem Skill Center auch etwas Trainingsmaterial, aber dieses deckt ebenfalls nicht das gesamte Spektrum ab. Das Training überlässt man also lieber externen Anbietern.
Ich habe einen Udemy Video Kurs von Stephane Maarek genutzt. Es gibt immer wieder Coupons und Aktionen, so dass man max. 20€ für den gesamten Kurs mit über 24 Stunden Videomaterial bezahlt. Stephane geht die einzelnen Services durch, erklärt, wofür sie da sind und zeigt dann meist in einer kurzen Demo, wie man den Service aufsetzt und konfiguriert. Am Ende jedes Kapitels gibt es dann ein paar Multiple Choice Fragen, die an das offizielle Examen angelehnt sind.
Ich habe mir fast den gesamten Kurs angeschaut, oft in zweifacher Wiedergabegeschwindigkeit. Ich habe auch manche Videos übersprungen, wenn ich den Service schon gut kannte. Ich bin dabei auch eingeschlafen…
Es gibt eine Reihe von Services, die ich noch nie zuvor gesehen habe, etwa die diversen Optionen, um eine komplette Serverlandschaft nach AWS zu transferieren oder um eine dezidierte Netzwerkverbindung zwischen einem externen Rechenzentrum und AWS aufzubauen.
Dies zeigt dann auch das Problem mit der Zertifizierung als AWS Solution Architect: Auf dem Papier bin ich jetzt in allen Bereichen befähigt, Lösungsvorschläge zu entwerfen. Praktische Erfahrung habe ich aber trotzdem nicht überall. AWS ist inzwischen so komplex, dass niemand das gesamte Spektrum umfassend abbilden kann. Entsprechend müsste es eigentlich Solution Architects für Teilbereiche wie Cloud Migration, Corporate IT, Big Data, Serverless, KI, usw. geben.
Nach dem Videokurs habe ich noch die Beispielprüfungen auf Udemy (ein extra Kurs) gemacht, um festzustellen, wo meine größten Wissenslücken sind. Diese habe ich dann durch eigene Recherche und Diskussionen mit dem Chatbot meines Vertrauens versucht zu schließen.
Ein Chatbot ist eine gute Möglichkeit, da die Large Language Models alle auch mit der AWS Doku im Netz trainiert wurden und die unendlichen Diskussionen auf Reddit & Co. zu den Zertifizierunen kennen. Ein typischer Prompt sah folgendermaßen aus:
„In context of AWS SAA-C03 cert, I want to verify my knowledge in the VPC domain. Be my personal tutor and first ask me questions to evaluate my current understanding.“
Dann habe ich mit dem Chatbot lange gechattet, um durch alle für die Zertifizierung relevanten Konzepte zu gehen.
Es gibt auch ein paar Stellen, wo man Kennzahlen und Fakten auswendig kennen muss, um die Fragen richtig beantworten zu können. Beispiel: Eine Lambda Funktion hat eine maximale Ausführungszeit von 15 Minuten. Steht in der Fragestellung dann, dass langlaufende Berechnungen ausgeführt werden müssen, dann fallen automatisch alle Antworten raus, die Lambda erwähnen.
Ich habe mir vom Chatbot Listen von diesen Kennzahlen generieren lassen, damit ich diese besser auswendig lernen kann. Manchmal macht der Chatbot auch selbst Vorschläge für Eselsbrücken bzw. weist daraufhin, dass zum Beispiel meist „Kinesis Data Streams“ die richtige Antwort ist, wenn in der Frage was mit „realtime ingestion“ steht :-)
Insgesamt habe ich ca. 5 Arbeitstage mit der Vorbereitung verbracht. Am Ende habe ich 84% der Prüfungsfragen richtig beantwortet. Zum Bestehen benötigt man 72%. Da es keine Note auf dem Zertifikat gibt, hätte ich vielleicht meine Vorbereitungszeit noch etwas kürzen können.
Online AWS Prüfung
Bevor man sich bei der Prüfung anmeldet, sollte man eine so genannte Skill Builder ID mit seiner privaten Emailadresse erstellen. Dieses Login nutzt man dann für die Anmeldung. Man sollte nicht die berufliche Emailadresse verwenden, damit man das Zertifikat auch zukünftig noch hat, selbst wenn man mal den Arbeitgeber wechseln muss.
Man kann die Prüfung sowohl vor Ort in einem Testcenter als auch online ablegen. Ich habe mich für die Online Prüfung entschieden. Dazu habe ich mir einen ungestörten Zeitpunkt (3 Stunden mindestens) und aufgeräumten Raum mit leerem Tisch und funktionierender Internetverbindung gesucht. Man muss zu Beginn der Prüfung den Raum fotografieren und dann auch nochmal live zusammen mit dem Prüfer mit der Webcam ausleuchten. Anschließend darf man sich nicht mehr von seinem Gerät wegbewegen und muss die gesamte Zeit im Sichtfeld der Kamera sitzen.
Es dürfen natürlich auch keine anderen Personen anwesend sein oder während der Prüfung in den Raum stürmen. Ein Glas mit Wasser auf dem Tisch ist gestattet, aber alle anderen Gegenstände außer Laptop und Brille nicht. Man darf sich auch keine Notizen machen und natürlich nicht sein Handy nutzen.
Auf dem Rechner muss man die Prüfungssoftware installieren. Mit dieser wird man während der Prüfung überwacht und die Software stellt sicher, dass man nicht heimlich nebenher im Netz surft. Wie gut das funktioniert, habe ich mal lieber nicht getestet.
Abgesehen von dieser Überwacherei ist die Prüfung wenig spektakulär. Meiner Erfahrung nach braucht man die volle Zeit und ist kaum vorher fertig. Deshalb unbedingt nochmal vorher auf Toilette gehen!
Die Prüfung ist in Englisch. Die Prüfer sind indische Mitarbeiter. Das Prüfungsergebnis habe ich dann ca. 8 Stunden nach der Prüfung per Email erhalten. Bis dahin musste ich bangen, ob ich bestanden habe.
AWS Solution Architect – Professional
Ich fand die Associate Prüfung schwer, da teilweise sehr viel Detailwissen gefragt war. Deshalb graute es mir vor der Professional Prüfung, denn im Netz wird diese als extrem schwer beschrieben.
Doch tatsächlich: Ich fand die Professional Prüfung einfacher :-)
Warum? Nun, bei dieser Prüfung kam mir meine jahrelange Erfahrung zu Gute. Es werden nicht mehr einzelne Services im Detail abgefragt, sondern eher das Zusammenspiel. Im Prüfungsumfang sind noch ein paar zusätzliche Services wie Organizations und Identity Center enthalten, aber zu diesen hatte ich glücklicherweise jahrelange praktische Erfahrung.
Ich habe mir trotzdem wieder den passenden Udemy Videokurs im Schnelldurchlauf angeschaut, diesmal aber mit noch mehr Mut zur Lücke. Brauchbare Beispielprüfungen habe ich auf Udemy nicht gefunden. Es gibt aber auf AWS Training ca. 20 Beispielfragen und ich hatte auf Anhieb fast 90% richtig.
Deshalb habe ich mich wieder an meinen Chatbot gewandt und bin nochmal alle Themenkomplexe in mehreren Chat Sessions durchgegangen. Insgesamt habe ich trotzdem nochmal 3 bis 4 Arbeitstage für die Vorbereitung verwendet, um 85% der Fragen in der Prüfung richtig zu beantworten.
Die Prüfung ist nochmal etwas länger als die Associate Prüfung und umfasst 75 Fragen. Vermutlich will AWS damit auch testen, dass man halbtägige Meetings im Berufsalltag übersteht. Anders kann ich mir nicht erklären, was die Vielzahl der Fragen mit oft überschneidenden Themen bringen soll.
Fazit AWS Zertifizierung
In den letzten Tagen vor der Prüfung habe ich nachts von EC2 Auto Scaling Gruppen, S3 Lifecycle Rules, IAM Policies und VPC Gateway Endpoints geträumt. Entsprechend erleichtert war ich, als ich die Prüfung bestanden habe. Die Träume und das extreme Detailwissen sind inzwischen wieder aus meinem Kopf verschwunden :-)
Ich habe während der Vorbereitung auf die Prüfungen noch einige Sachen gelernt. Insofern war es keine Zeitverschwendung. Wie aber auch schon zu Schulzeiten lernt man natürlich auch viel Zeug, was man vermutlich nie wieder brauchen wird.
Ob sich der ganze Aufwand gelohnt hat, wird sich zeigen. Zumindest kann ich mir die Zertifikate (Associate, Professional) jetzt an meinen Spind kleben und mein LinkedIn Profil entsprechend pimpen.